Zur Stärkung der Beratenden Kommission für die Rückgabe von NS-Raubgut will der Bund Fördermittel für Kultureinrichtungen an die Akzeptanz neuer Wege koppeln. "Von Januar an werden Förderungen und Projektpartner daran gebunden, sich an die Möglichkeit einer einseitigen Anrufbarkeit zu halten", kündigte Kulturstaatsministerin Claudia Roth in Berlin an.
Die unabhängige Beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz, wurde 2003 von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden eingerichtet. Sie soll bei Differenzen über die Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter vermitteln.
Bisher kann die Kommission nur tätig werden, wenn sie von beiden Konfliktparteien angerufen wird. Eine Seite kann also etwa durch Untätigkeit oder Uneinsichtigkeit blockieren. Dies wird als einer der Gründe dafür gesehen, dass die Kommission in 20 Jahren bisher in nur 23 Fällen vermittelte. Schätzungen gehen von bis zu 600 000 gestohlenen Kunstwerken in der Nazi-Zeit aus.
Für die Reform sieht Roth Kernthemen: "Die wichtigsten Punkte sind die einseitige Anrufbarkeit, die heute noch nicht gegeben ist, sowie Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit von Empfehlungen der Kommission. Zudem soll die Kommission eigenständige Provenienzforschung veranlassen dürfen", sagte sie.
"Gute Gespräche" mit den Ländern
Nach Einschätzung der Grünen-Politikerin laufen dazu "gute Gespräche" mit den Ländern. "Zudem arbeiten wir in der Bundesregierung intensiv an gesetzlichen Verbesserungen zum Ausschluss der Verjährung bei NS-Raubgut, der Bestimmung eines zentralen Gerichtsstands und einer gesetzlichen Verankerung des Auskunftsanspruchs."
Auswirkungen auf Fördermittel vom Bund könnte es etwa geben bei einem gemeinsamen Projekt der Berliner Stiftung Preußischer Kulturbesitz und den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. Die Münchner Museumsverantwortlichen widersetzen sich im Streit um eine Rückgabe des 1905 entstandenen Gemäldes "Madame Soler" von Pablo Picasso (1881-1973) an die Erben des jüdischen Kunstsammlers Paul von Mendelssohn-Bartholdy einer Anrufung der Kommission.
Die Erben hatten 2009 die Restitution verlangt. Die Staatsgemäldesammlungen berufen sich auf Provenienzforschung, wonach der Verkauf 1935 an den New Yorker Kunsthändler Justin K. Thannhauser nicht in ursächlichem Zusammenhang mit der Verfolgung der Familie stand. Die Staatsgemäldesammlungen erwarben das Bild nach eigenen Angaben 1964 von dem Händler.