Antwort auf "Artforum"-Brief

Künstler beklagen "Entmenschlichung" israelischer Terror-Opfer

In einem offenen Brief hatten Künstlerinnen und Künstler ein Ende der Gewalt gegen palästinensische Zivilisten gefordert. Nun gibt es eine Antwort aus der israelischen und internationalen Kunstszene, die auch Anteilnahme für die israelischen Opfer fordert

In einem Appell, der beim israelischen Kunst- und Kulturmagazin "Erev Rav" erschienen ist, fordern die Unterzeichnenden eine explizite Verurteilung des Hamas-Terrors gegen israelische Zivilisten am 7. Oktober und Solidarität mit den Betroffenen und den rund 200 israelischen Geiseln, die sich noch immer in der Hand der Hamas befinden. 

In dem Brief mit dem Titel "Both Should Come Together" (Beides sollte zusammenkommen) heißt es: "Es sollte keinen Widerspruch geben zwischen der entschiedenen Ablehnung der israelischen Besatzung und der humanitären Krise in Gaza und der unmissverständlichen Verurteilung brutaler Gewaltakte gegen unschuldige Zivilisten in Israel. " Zu den bisher (Stand Dienstagmittag) über 2600 Namen unter dem Statement gehören viele Vertreterinnen und Vertreter der israelischen Kunst- und Kulturszene, aber auch international bekannte Personen wie Hito Steyerl, Yael Batana, Martha Rosler, Tal R, Jörg Heiser und Daniel Libeskind. 

Die Initiative ist eine Reaktion auf einen offenen Brief von Künstlerinnen und Künstlern, der in der vergangenen Woche unter anderem beim Magazin "Artforum" und auf der Plattform "E-Flux" erschienen war und in dem zur Solidarität mit palästinensischen Zivilisten aufgerufen wurde, die einem "sich entfaltenden Genozid" ausgesetzt seien. 

Die Verfasserinnen und Verfasser des neuen Briefes zeigen sich nun "traurig und enttäuscht" von diesen Äußerungen. Sie beklagen ein "eklatantes Fehlen jeglicher Erwähnung des abscheulichen Massakers, das die Hamas am 7. Oktober im Süden Israels verübte". Das Ausbleiben einer "substanziellen Anerkennung und Verurteilung der Taten der Hamas" habe die tiefe Traurigkeit, das Trauma und die Verzweiflung" seit der Tötung von rund 1400 Menschen in Israel noch verstärkt.

Reaktion bei "Artforum"

Außerdem kritisieren die Unterzeichnenden, dass die israelischen Geiseln im Gaza-Streifen keine Erwähnung finden. "Die Unterzeichner des Briefes fordern einen Waffenstillstand aus humanitären Gründen. In dem Schreiben werden die Geiseln jedoch nicht als Teil der Humanität bezeichnet, die sie fordern. Durch diese Auslassung legitimieren sie die Entführung von Zivilisten. Ja, wir akzeptieren und unterstützen die Aufrufe zur Beendigung der Gewalt, zur Unterstützung der palästinensischen Befreiung, zur Beendigung der Besatzung (wie wir es seit Jahren tun) und zur Beendigung der Tötung von Zivilisten in Gaza und anderswo. Indem sie die Rechte aller in Israel lebenden Menschen ignorieren, ist es so, als ob diejenigen, die den Brief unterzeichnet haben, alle in Israel lebenden Menschen entmenschlichen, die 9 Millionen Menschen, die ein Recht auf Existenz haben."

Inzwischen gibt es auf der Seite von "Artforum" eine Aktualisierung des kritisierten "Open letter from the art community to cultural organisations". Darin heißt es wiederum, dass sich die Initiatoren und einige Unterzeichnerinnen und Unterzeichner von den Reaktionen missverstanden fühlen. "Wir (...) sind traurig darüber, dass unser Aufruf zur Ablehnung von 'Gewalt gegen alle Zivilisten, ungeachtet ihrer Identität' ohne ausdrückliche Verurteilung der schrecklichen Massaker der Hamas an Israelis am 7. Oktober von einigen Lesern als mangelnde Ablehnung dieser Gewalt verstanden wurde. Wir beklagen alle zivilen Opfer. Wir hoffen auf die baldige Freilassung aller Geiseln und fordern weiterhin einen sofortigen Waffenstillstand."