Medienschau

"Von Claudia Roth hört man dazu nichts"

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Wird ein rechter Journalist der nächste Präsident der Venedig-Biennale? Wer verkehrte im Künstlerlokal Colombe d’Or? Wann kommt das Exilmuseum? Dies ist unsere Presseschau am Freitag

Architektur

Kurz nachdem Indien 1947 unabhängig wurde, begannen die Planungen für die Stadt Chandigarh, die der Schweizer Architekt Le Corbusier ganz nach den Idealen der Moderne entwarf, also mit viel Licht, Luft und Sonne. Die "NZZ" bespricht einen neuen Dokumentarfilm, in dem die Schweizer Filmemacher Karin Bucher und Thomas Karrer Le Corbusiers Vision nachspüren und vor allem die Bewohner der Stadt zu Wort kommen lassen. "Das Resultat ist eine liebenswürdige Ode an eine Stadt", schreibt Andreas Herzog.

Debatte

Die "FAZ" macht Werbung für das Exilmuseum in Berlin, dessen Planung ins Stocken geraten ist. "Ein Exilmuseum sollte ein Bundeskulturprojekt erster Ordnung sein. Aus der Behörde von Claudia Roth hört man dazu nichts", meint Andreas Kilb. Immerhin habe sich jetzt Bundespräsident Steinmeier positioniert. Einen Kulturabend beim Bundespräsidenten, auf dem unter anderem die Schriftstellerin Herta Müller auftrat, will Kilb als "eine eindeutige Werbung für das Exilmuseum" verstanden wissen,  "ohne dass das Wort fallen musste. Ob Claudia Roth die Botschaft verstanden hat? Oder grübelt sie immer noch darüber nach, wie sie die Schlosskuppel auf dem Humboldt Forum dekolonialisiert?"

Italienische Zeitungen spekuliert darüber, ob ein rechter Journalist der nächste Präsident der Biennale von Venedig wird: Pietrangelo Buttafuoco hat Italiens ultrarechte Ministerpräsidentin Giorgia Melon im Wahlkampf unterstützt. Der 59-Jährige wird von mehreren Medien als Nachfolger des aktullen Biennale-Präsidenten Roberto Cicutto gehandelt, wie "Artnet News" berichtet.

Reportage

Große Lust, sofort die Taschen zu packen und nach Südfrankreich zu reisen, macht eine Folge der "SZ"-Serie "Künstlerlokale". Sie führt diesmal zur Colombe d’Or in Saint-Paul-de-Vence, ins bergige Hinterland der Côte d’Azur zwischen Nizza und Cannes. In dem 1931 gegründeten Lokal verkehrten junge lokale Künstler und Berühmtheiten wie Pablo Picasso, James Baldwin, Alain Delon und Romy Schneider. Die Enkelin des Restaurantgründers, Hélène Roux, erzählt: "In Wahrheit war mein Großvater nicht nur Gastronom, sondern auch Maler, und gründete in den 1920er-Jahren auf Anraten seines väterlichen Freundes Henri Matisse eine Kunstschule in Saint-Paul. Daher kamen viele junge Maler ins Dorf und tauschten ihre Bilder aus. Was in der Colombe heute überall an den Wänden hängt, ist entweder ein Geschenk oder wurde, zum überwiegenden Teil, von meinem Großvater und später von meinen Eltern gekauft." In ganz vereinzelten Fällen sei auch mal ein Kunstwerk gegen Bewirtung ausgetauscht worden. "Alexander Calder, zum Beispiel, liebte gute provenzalische Rotweine, die in den Fünfzigerjahren nicht so einfach in den USA zu bekommen waren. Das Mobile, das er uns eines Tages geschickt hat und das hier bei uns am Rand des Swimmingpools steht, wurde von meinen Eltern sicher zum Teil mit Weingeschenken beglichen."

Kunstmarkt

Etwas steif chronologisch führt Eva Karcher ein "Tagesspiegel"-Gespräch mit Thaddaeus Ropac, dessen Galerie ihr 40-jährige Bestehen feiert. Ein paar interessante Einblicke gewährt Ropac dennoch, wenn er über das Älertwerden seiner Künstler spricht ("Kreativität hält jung. Das sieht man auch an Musikern oder Architekten. Bei allen meinen Künstlern, die jetzt alt werden, erlebe ich diesen Tatendrang, große Kunst zu machen. Sie wollen sich immer wieder neu erfinden und tun das sehr erfolgreich. Der Gestaltungswille bleibt wohl bis zuletzt." Und über seine eigene Zukunft: "Anders als viele meiner Kollegen glaube ich nicht, dass meine Galerie als Brand unbedingt überleben muss. Sie ist so sehr an eine Zeit gebunden. Die nächsten 15 Jahre werde ich sicher weiter so aktiv sein wie jetzt, und wir werden weiterwachsen. Aber danach?"

Ausstellung

In der "taz" bespricht Steffen Siegel die Ausstellung "Ocular Witness: Schweinebewusstsein" in Hannover: "Was in den Social-Media-Kanälen wahlweise rührend, komisch oder absurd ist, wird am Sprengel Museum aber deutlich ernster genommen: Tierwohl als eine Aufgabe der Gegenwartskunst."

Design

Das Magazin "form" wird eingestellt. Die anhaltend hohen Papierpreise und eine mangelnde Förderkultur seien daran mitschuldig, sagt Co-Chefredakteurin Nina Sieverdin im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur.

Das besondere Kunstwerk

Die "SZ" berichtet vom Kunstfest Weimar, wo Günther Uecker passend zum diesjährigen Festivalmotto "Erinnern schafft Zukunft" sein Buchenwald-Mahnmal errichtet hat. Uecker hatte das Werk ursprünglich schon einmal 1999 in Weimar aufgebaut. "Heute, wo Björn Höcke von  Teilen der Bevölkerung hier ähnlich begeistert wird und seiner Partei in Thüringen für die Landtagswahlen im nächsten Jahr ein vergelichbar hohes Ergebnis prognostiziert wird, wie die NSDAP es 1932 erzielte, schien Uecker die Zeit reif zu sein, das Mahnmal im Zentrum der Stadt zu erneuern", schreibt Till Briegleb.