Pearl Lam, Ihre Galerie hat Standorte in Hongkong und Shanghai. Sie sind seit einigen Jahren auf der Art Cologne dabei, welche Verbindung haben Sie zu Köln?
Ich denke, ich muss über die Verbindung zu Deutschland sprechen. Ich vertrete chinesische Künstler, die in Deutschland wohnen. Mit beiden Pässen, deutsch und chinesisch. Es ist immer sehr interessant, wenn man die deutsch-chinesischen Künstler sieht, die amerikanisch-chinesischen, die französisch-chinesischen Künstler. Eine der Künstlerinnen ist eine der ersten chinesischen Sound Artists. Sie hat in den 1990ern eine Tonarbeit hier gemacht.
Wie heißt sie?
Quin Yufen. Sie lebt zwischen Berlin und Peking. Deutschland ist für mich sehr interessant, weil es hier diese ganzen großartigen Künstler gibt, die niemand kennt. Die ganze Mission ist, sie bekannt zu machen. Sie kamen in den 1980e-Jahren, studierten zum Beispiel in Düsseldorf, wie Su Xiaobai. Oder Zu Jinshi, der lange zwischen Peking und Berlin pendelte und in China ein sehr bekannter abstrakter Maler ist. Diesen kulturellen Autausch zu sehen, ist sehr interessant. Darum bin ich nach Köln gekommen. Ich mag die Galerien, die hier ausstellen. Köln und Berlin sind sehr unterschiedlich.
Wie nimmt ihr chinesisches Publikum diese Künstler wahr?
Die Chinesen lieben ihre Arbeiten, aber in Deutschland kennt man sie kaum. Das will ich ändern.
Wie suchen Sie Ihre Künstlerinnen und Künstler? Sie kommen aus unterschiedlichsten Bereichen und Gegenden der Welt.
Ich habe sehr verschiedene Perspektiven. Ich habe Angestellte, die besuchen sie. Es ist einfach mit dem Internet. Zanele Muholi liebe ich. Ich treffe sie in Kapstadt. Aber sie ist sehr schwer zu kriegen.
Sie haben sich einen Namen mit abstrakter Malerei aus China gemacht, die sich von der westlichen Abstraktion sehr stark unterscheidet. Worin?
Die chinesische abstrakte Malerei leitet sich von der Kalligrafie ab. Und auch, wenn unter Mao Malerei absolut nicht erlaubt war – Maler durften nur Mao Tse Tung malen –, so war die Kalligrafie doch immer da, seit sehr langer Zeit. Sie ist die Wurzel der chinesischen Kultur, im Taoismus, Konfuzianismus und Buddhismus. Wenn wir sagen: Nichts ist alles, alles ist nichts. Diese Philosophie. Im Westen ist es Action Painting, oder politisch – damit hat es nichts zu tun. Chinesische abstrakte Malerie ist auch sehr konzeptionell.
Waren Sie eine der ersten Galeristen, als China sich öffnete?
Nein, die ersten öffneten 1990. Courtyart und Shangart zum Beispiel. Ich durfte keine Galerie eröffnen, das musste ich meinem Vater versprechen. Er sagte: Ich habe dich nicht weggehen lassen – ich wurde mit elf Jahren ins Ausland geschickt –, damit du ein Ladengeschäft führst. Also wurde ich nach Shanghai geschickt, um Immobilienentwicklerin zu werden. Und dann durfte ich in Hongkong Pop-up-Shows machen, darauf konnten wir uns einigen. Meine erste wirklich Galerie eröffnete ich 2005, das Jahr, in dem mein Vater starb.
Aber Sie haben immer diese Leidenschaft gehabt, zeitgenössische Kunst zu promoten.
1993 wussten Leute nicht mal, was Pop-up-Shows sind. Als ich in Hongkong die Ausstellungen machte, dachte die ganze Stadt, ich sei Delinquentin. Einfach, weil ich die Erste war, die so etwas machte. Es gab dafür noch keine Kultur. Sie verstanden es nicht.
Wie ist die Situation in Shanghai gerade?
Shanghai war einmal frei, aber jetzt ist alles sehr stark kontrolliert. Für jede Ausstellung von ausländischen Künstlerinnen und Künstlern braucht man eine Ausstellungserlaubnis. Gerade musste ich einen Messestand dicht machen, weil die gesamte Messe gleich nach Eröffnung geschlossen wurde. Das Personal durfte nicht mehr arbeiten wegen eines Covid-Falls. Ich finde, man kann doch nicht mit Zero Tolerance weitermachen, wir leben mit Covid.