Soljanka, "Tote Oma", Jägerschnitzel und Ketwurst: Die DDR war nicht unbedingt ein Land für Feinschmecker, aber mit Essen sind Erinnerungen verbunden, auch wertvolle. Und so sind die Ostalgie-Konserven, die in ostdeutschen Rewe-Filialen angeboten werden, nicht nur gehaltreich, was den Nährwert angeht, sondern auch als deftige Flashback-Portionen. Zu deftig vielleicht? "Rewe verharmlost die SED-Diktatur", kritisierte die Bundesstiftung Aufarbeitung am Dienstag und meinte damit Dosen mit dem DDR-Emblem und Verweisen auf die Pionierorganisation Ernst Thälmann und die Nationale Volksarmee (NVA).
So kann es vorkommen, dass Rewe-Kunden unversehens in eine Art visuelles Wurmloch fallen: Fröhliche Pioniere mit blauem und rotem Halstuch, kernig und pausbackig dargestellt wie im sozialistischen Realismus, prangen auf dem Produkt "Tomatensauce & Jagdwurst", über den Köpfen der Kinder Hammer und Zirkel im Ährenkranz. Das soll Nostalgie nach der "Original Schulküche" wecken, so der Name des Betriebs im anhaltinischen Laucha. Vom gleichen Hersteller gibt es auch noch "Tote Oma", wie ein berüchtigtes Grützwurst-Gericht genannt wurde, und Soljanka mit einem Thälmannpionier auf dem Etikett. Und bei einigen Rewe-Filialen gibt eine "NVA-Feldsuppe", wie sie in Gulaschkanonen auch bei Zivilveranstaltungen beliebt war.
Wie sollen wir diesem Land gedenken?
Es müsse "zum erinnerungskulturellen Konsens des vereinten Deutschlands gehören", das "Unrecht der kommunistischen Diktatur nicht zu verharmlosen und der Opfer des SED-Regimes würdevoll zu gedenken", heißt es nun von der Bundesstiftung Aufarbeitung. Rewes Antwort: Kunden wollten das und es sei juristisch in Ordnung. "Das ist Ausdruck von Geschichtslosigkeit, die fassungslos macht", heißt es wiederum von der Bundesstiftung, "weil sich der Konzern vor jeder Verantwortung für sein Sortiment drückt".
Dieser Fall offenbart erneut das ungeklärte Verhältnis des wiedervereinigten Deutschlands zur DDR, findet Monopol-Redakteur Daniel Völzke. Er kommentiert das Soljanka-Debakel auf Detektor FM im Gespräch mit Yvonne Strüwing als Ausdruck einer diffusen Gedenkkultur. Sie können das Gespräch hier nachhören, wenn Sie die Inhalte aktivieren: