Überall auf dem Globus haben Menschen Angehörige und Freunde durch Covid-19 verloren. Mehr als 4,5 Millionen Menschen sind inzwischen weltweit gestorben. Um an sie zu erinnern, entstehen in vielen Ländern Denkmäler, Gedenkwälder, Skulpturen oder Webseiten. In welcher Form auch immer: Sie sollen helfen, das Leid auf persönlicher sowie kollektiver Ebene zu verarbeiten
Die wohl bekannteste Gedenkstätte steht im Herzen des Londoner Regierungsviertels. Über mehrere Hundert Meter hinweg reihen sich große und kleine rote Herzen auf einer Mauer am Themse-Ufer. Familien und Freunde haben sie in Gedenken an die Gestorbenen aufgemalt. Mittlerweile kann man sich bei einem Spaziergang entlang der "National Covid Memorial Wall" sogar per Kopfhörer Geschichten von Betroffenen anhören. Abgeordnete im britischen Parlament setzen sich dafür ein, das Denkmal langfristig zu erhalten.
Auch im südostasiatischen Inselstaat Philippinen soll eine Gedenkmauer die Mitarbeiter des Gesundheitswesens ehren, die während der Pandemie gestorben sind. Die Mauer, für die es bereits einen Vorentwurf gibt, soll voraussichtlich bis Dezember auf dem Heldenfriedhof des Landes entstehen. Die Gedenkstätte werde "eine Geschichte darüber erzählen, was passiert ist, und über den Heldenmut unserer Ärzte und Krankenschwestern", sagte Carlito Galvez Jr. von der nationalen Task Force gegen Covid-19.
In den USA flattern seit dem 17. September auf Washingtons historischer Flaniermeile unweit des Weißen Hauses für einige Wochen mehr als 600 000 weiße Flaggen. Bei dem von der Künstlerin Suzanne Brennan Firstenberg entworfenen Kunstwerk "In America: Remember" können Angehörige die Flaggen Verstorbenen widmen.
Gedenkwälder, Erinnerungsgärten und Monumente
In Italien, das Anfang 2020 zu einem der Brennpunkte des globalen Coronavirus-Ausbruchs wurde, gibt es in der Stadt Bergamo einen Gedenkwald für die Opfer. In der norditalienischen Stadt kamen so viele Menschen ums Leben, dass es für die Toten bald keinen Platz mehr gab. Damals gingen Bilder von Militärlastwagen um die Welt, die in einer Kolonne mit den Särgen im Laderaum die Stadt verließen. Die Zahl der Toten erreichte in Italien Werte, die es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben hat.
Auch die südafrikanische Stadt Kapstadt hat Erinnerungsgärten angelegt. In sechs Stadtparks und Friedhöfen werden Bäume mit Plaketten gepflanzt, die den Kreislauf des Lebens symbolisieren sollen. "Es sind lebendige Gedenkstätten für die vielen geliebten Menschen, die wir verloren haben. Wir erinnern uns nicht nur heute an sie. Wenn diese Bäume wachsen und gedeihen, wird dies Zeugnis für ihr Leben sein", sagte Bürgermeister Dan Plato. Einwohner binden zur Erinnerung an einen geliebten Menschen grüne Schleifen um die Bäume, die aus der Luft betrachtet einen Kreis bilden.
In Lateinamerika sind mehrere große Monumente geplant. In Uruguay hat Architekt Martín Gómez Platero ein Erinnerungsmal für die Uferpromenade in Montevideo entworfen. Eine 40 Meter breite Plattform im Meer soll über einen Steg mit dem Ufer verbunden werden. In der Mitte befindet sich ein Loch, durch das Besucher ins Wasser hinab schauen können. "Die Gedenkstätte soll ein kollektives Bewusstsein schaffen und uns daran erinnern, dass der Mensch nicht der Mittelpunkt des Ökosystems ist, ... da wir der Natur immer untergeordnet sein werden", heißt es in der Projektbeschreibung.
Unvergessene Namen
Im benachbarten Brasilien soll das Denkmal "In-finito", entworfen von der Architektin Crisa Santos, in Rio de Janeiro den Schmerz vieler Angehöriger thematisieren, die sich aufgrund der Pandemie nicht angemessen von ihren Liebsten verabschieden konnten. "Die Familie sieht den Leichnam des geliebten Menschen, der ins Krankenhaus gekommen ist, nicht mehr. Sie sieht nur einen Sarg oder eine Urne", zitierte die Zeitung "Gazeta do Povo" die Architektin. Die aus sechs Modulen mit einer Gesamtlänge von 26 Metern bestehende Skulptur, auf der Namen von Opfern eingraviert sind, solle diese Lücke im Trauerprozess schließen, so Santos.
In Brasiliens Metropole São Paulo steht eine Skulptur mit einer Art Zeitkapsel, in der Beileidsbekundungen oder persönliche Erinnerungen hinterlassen werden können. Im Sockel des Denkmals versiegelt sollen diese eine Nachricht für künftige Generationen hinterlassen.
In anderen Ländern sind existierende Gedenkstätten umfunktioniert worden. Im indischen Bundesstaat Goa ist ein 1918 erbautes Denkmal für die Opfer der Spanischen Grippe zur Corona-Gedenkstätte geworden. Das heruntergekommene Mahnmal sollte eigentlich zerstört werden, um Platz für eine Autobahn zu machen, wie die Hindustan Times berichtete. Doch im Sommer 2020 begannen Menschen dort für erkrankte Angehörige zu beten. Das Denkmal wurde daraufhin restauriert.
Aufbruch in eine neue Zukunft
Ähnlich wie auf Goa wurde in Wien eine barocke Säule, die an die Pest im 17. Jahrhundert erinnert, kurzfristig zu einer Gedenkstätte, an der Menschen beteten, Kerzen anzündeten und Nachrichten hinterließen. Im Bundesland Steiermark setzt man hingegen auf moderne Kunst. Bis Ende des Jahres sollen drei Gedenk-Skulpturen in Graz und Leibnitz aufgestellt werden: Betonwände, die auf die Abstandsregel hinweisen, eine versinkende Kugel als Symbol des eindringenden Virus, sowie eine Licht- und Stahlskulptur.
In Madrid gibt es ebenfalls drei Denkmäler. Eines ist eine Stahlskulptur vor dem Cibeles-Palast im Stadtzentrum in der eine ewige Flamme brennt, mit der Widmung: "In unserem Herzen wird Eure Flamme niemals erlöschen."
Eine Bronzeskulptur erinnert in den Niederlanden an den hingebungsvollen Einsatz von Pflegekräften sowie die Verstorbenen. Das Standbild des Künstlers Kees Verkade - eine Frau und Mann mit gen Himmel fliegenden Vögeln - steht in einem Naturpark in Isterwijk und wurde von Prinzessin Margriet eingeweiht. Es soll auch den Aufbruch in eine neue Zukunft symbolisieren.