Man kann zu Kaws megalomanen Comic-Skulpturen mit den X-Augen stehen wie man will. Nur an ihnen vorbei kommt man nicht. Gerade hat der Künstler mit dem bürgerlichen Namen Bryan Donnelly eine große Ausstellung im Brooklyn Museum in seiner Heimatstadt New York, und auch am berühmten Rockefeller Center in Manhattan begegnet Einheimischen und den (wegen der Corona-Einreisebeschränkungen eher wenigen) Touristen nun eine rund sechs Meter hohe Kaws-Skulptur aus Bronze. Das Monsterwerk zeigt gleich zwei von Donnellys Markenzeichen-Figuren. Den an einen freundlichen Totenkopf angelehnten "Companion" mit kurzer Hose und Knubbelschuhen und den flauschig behaarten "BFF", der an eine Figur aus der "Sesamstraße" erinnert.
Kaws ist dafür bekannt, vor allem ein Marktkünstler zu sein, der eher findiger Geschäftsmann als intellektueller Konzeptkünstler ist und mit mächtigen Sammlern und Galeristen im Hintergrund für eine Preisexplosion seiner Werke gesorgt hat. Wie damals mit Warhol, nur schneller, extremer und ohne umständliche Nobilitierung durch Museen wurde er zu einer der bestimmenden Größen im zeitgenössischen Kunst-Business, Betonung auf Business. Groß und spektakulär müssen die Aushänge-Präsentationen des Künstlers sein, wie die "Companion"-Installation in Kooperation mit der Outdoor-Marke Herschel am Mount Fuji in Japan im Sommer 2019, bei der nicht ganz klar war, wer gerade wessen Berühmtheit abgreift.
Wie die aktuelle Ausstellung im renommierten Brooklyn Museum zeigt, schwappt das Populäre, das sich vor allem durch seine Konsumierbarkeit auszeichnet, in die Institutionen zurück, wenn es nur populär genug ist. Denn immer öfter dreht sich das Machverhältnis in der Kunstszene um. Nicht nur Museen adeln einen Künstler oder eine Künstlerin. Um ein breiteres Publikum zu erreichen, bedienen sich Institutionen auch der Reichweite derer, die ihre Fan-Basis außerhalb der klassisch-elitären Kunstblase haben.
Kaws hat es geschafft, einen gewissen Größenwahn zum erfolgreichen Konzept zu machen - und insofern passt seine "Share"-Skulptur hervorragend vor das Rockefeller Center, das für ein Höher-Schneller-Weiter in der Architektur des 20. Jahrhunderts steht. In Kaws-Kunst zu investieren ist gar nicht so weit weg von der Spekulation mit Luxusimmobilien. Und in puncto Selbstvermarktung ist der US-Künstler den meisten seiner Kolleginnen und Kollegen sowieso haushoch überlegen.