Eine gelbe Glühbirne, per Lampenfassung mit Stecker in eine Zitrone gesteckt: mehr ist die "Capri-Batterie" von Joseph Beuys nicht. Das niedrigschwellige kleine Multiple ist trotzdem eine Ikone, die sagt: Der Energietransfer zwischen zwei völlig verschiedenen Kreisläufen ist möglich.
Das Künstlerkollektiv "Frankfurter Hauptschule" hatte die Capri-Batterie letzte Woche gekapert und versteht sich einmal mehr darauf, alle Erregungsströme in eine Richtung laufen zu lassen, nämlich in die eigene. Eingeladen vom Theater Oberhausen, an einer Ausstellung zu Ehren von Christoph Schlingensief teilzunehmen, versteckte das Künstlerteam das Kunstwerk des von Schlingensief verehrten Joseph Beuys und behauptete, es sei gestohlen worden, um es dem Museum Ironga Boma in Tansania zu übergeben. Als Guerilla-Beitrag zur Restitutionsdebatte, im Namen der von den deutschen Kolonialherren ausgeplünderten und unterdrückten Volksgruppe der Hehe. Der Rückgabe-Prank war aufwendig gefilmt und auf Youtube gestellt worden, die vermeintliche Beuys-Arbeit dabei aber selbstgebastelt.
Ein Anruf beim Theater Oberhausen, das die Beuys-Arbeit aus einem Museum in Münster für die Ausstellung ausgeliehen hatte, ergab am Morgen des Bekanntwerdens der Tat, dass das Werk nicht an seinem Platz war. Die Polizei ermittelte. Die Leihgeber in Münster hatten auch noch die Information, dass es sich nicht um einen Einbruch gehandelt habe, sondern die Täter offenbar Zugang zu Schlüsseln hatten. Was nicht unbedingt heißen muss, dass die Gastgeber eingeweiht waren.
Aber die beiden Energiekreisläufe – eine endlich breit geführte Restitutionsdebatte hier, sendungsbewusste Provokation einer jungen Künstlergruppe dort – schlagen irgendwie keine Funken.
Ein Witz mit zu viel Erklärung
Am heutigen Montag traf erneut eine Erklärung der Künstlergruppe ein: "Die echte Capri-Batterie" habe sich die ganze Zeit in den Galerieräumen der Ausstellung des Theaters befunden. "Im Abstellraum, in seiner Originalverpackung." Hihihi. "Kuratoren, Theater und Polizei hatten die Galerie nach dem Bekanntwerden des 'Diebstahls' zwar durchsucht und Spuren gesichert, das naheliegende Versteck jedoch nicht gefunden", stellt die "Frankfurter Hauptschule" erfreut fest. (Der Humor reicht dann doch nicht an Schlingensief heran, wenn im Nachhinein immer so viel erklärt und belehrt werden muss.)
Die Schriftstellerin und Monopol-Kolumnistin Elvia Wilk hatte sich in unserer Oktober-Ausgabe in ihrer Kolumne "Do the right Thing" schon mit jener Kunst auseinandergesetzt, die vermeintlich politische Arbeit im Namen anderer leistet, und diese dabei übergeht. Hier die Zusammenfassung:
1. Kunst über einen Missstand zu machen, ist nicht dasselbe wie sich für die Opfer des Missstandes einzusetzen.
2. Es führt dazu, die Menschen, die man zu unterstützen vorgibt, weiter zu stereotypisieren und zu marginalisieren.
3. Von einer ästhetisierten Version der Benachteiligung eines anderen zu profitieren, ist unethisch und ergibt ...
4. ... fast immer schlechte Kunst.