Dass die Entwicklungen der Zukunft auf dem Land stattfinden, hat nicht nur der Querdenker Rem Koolhaas festgestellt, der mit dem Thema "Countryside" das ganze Guggenheim Museum in New York bespielte. Jetzt hat der Künstler und Designer Jonas von Ostrowski eine bewohnbare Skulptur in der ländlichen Gegend bei Kassel erbaut. "Los Angeles", so der Titel, liegt jetzt einem 3000 Quadratmeter großen Grundstück in der Provinz.
"Ich muss betonen, dass ich keinerlei Land-Romantik verspüre!" sagt er. Schon als Designstudent hat er sich allerdings sehr dafür interessiert, wie Umgebungen das, was in ihnen stattfindet, formen kann. Und festgestellt, dass ihm im nordhessischen Günsterode, wo seine Urgroßeltern lebten, ein Stück Land zur Verfügung steht. "Vor allem hat mich interessiert, dass im Gegensatz zur Stadt, mit ihren temporären Zwischennutzungen auf engem Raum, die Parameter Zeit und Platz völlig anders gelagert sind – von beidem gibt es hier reichlich", sagt der in München lebende Jonas von Ostrowski.
Schon im Studium hat er sich mit dem Zusammenhang zwischen Räumen und Gedanken oder Handlungen befasst – und kam schnell dahinter, dass im Design solche Fragen kaum bearbeitet werden. In der Kunst dagegen schon. Marc Camille Chaimovicz oder die große Andrea Zittel mit ihren Wüsten-Behausungen haben ihn inspiriert und beeinflusst. Ihr Projekt "AZ" schaute Ostrowski sich letztes Jahr in Kalifornien an. Und Andrea Zittel steuerte jetzt auch höchstpersönlich einen Handapparat bei, Lesestoff für die Zeit in dem anderen "Los Angeles", dem kleinen Haus auf dem Land bei Kassel.
Auch die Möbel sind Kunst
Denn das Haus ist nicht nur ein Modellversuch, sondern soll auch Treffpunkt, Arbeits- und Aufenthaltsort für Akteure aus Kunst, Theorie und Architektur sein, die sich nach Los Angeles bei Günsterode zurückziehen möchten. "Aufenthalte in Los Angeles haben das Ziel der Herstellung von künstlerischen Arbeiten, die ortsspezifisch und ortsgebunden sind,“ heißt es.
Die Einrichtung, die Jonas von Ostrowski komplett selbst hergestellt hat, ist gerade in Frankfurt in der Galerie von Philipp Pflug zu sehen und besteht aus einem Ensemble aus benutzbaren Skulpturen in unwahrscheinlichsten Farben und Beschaffenheiten. In der Galerie von Kunst nicht zu unterscheiden, in der Anwendung aber bequem, attraktiv und einzigartig. Der malvenfarbene Block mit Geröllheimer-Relief ist eine moderne Küche, die beiden gebogenen Dreiecke aus türkisfarbenem Mauerwerk sind in Wahrheit sehr angenehme Sitzgelegenheiten. Der Grundriss des Hauses selbst: Ein Dreieck und ein Viereck stehen aufeinander. Unter diesen Bedingungen ist es fast sicher, dass es sich um interessante Gedanken handeln wird, die hier einmal von Stipendiaten formuliert werden.
Der Kontakt zu den Nachbarn in Günsterode ist schon hergestellt, und zur Einweihung am 5. September wird die Münchner Band Lunsentrio spielen.