Die gelben Buchstaben sind sogar aus dem Weltall zu sehen. Ein Satellitenbild der US-amerikanischen Hauptstadt Washington D.C., das am Wochenende veröffentlich wurde, zeigt deutlich den gelben Schriftzug "Black Lives Matter", der sich über mehrere Blocks der 16. Straße nahe des Weißen Hauses und des Washington Monument erstreckt. Die Worte beginnen an genau jenem Lafayette Square, den die Polizei in der vergangenen Woche mit Tränengas von Demonstrierenden räumen ließ, damit sich Präsident Donald Trump mit Bibel vor einer Kirche ablichten lassen konnte.
Seit der 46-jährige Afroamerikaner George Floyd am 25. Mai von einem Polizisten getötet wurde, gehen hunderttausende Menschen in US-Städten auf die Straße, um gegen Rassismus und Polizeigewalt gegen Schwarze Menschen zu demonstrieren. An diesem Wochenende gab es auch in Deutschland trotz Corona-Kontaktauflagen Kundgebungen mit zehntausenden Teilnehmern. Den prominenten Schriftzug in Washington hat die demokratische Bürgermeisterin Muriel Bowser als Solidaritätsbekundung mit der #BlackLivesMatter-Bewegung in Auftrag gegeben. Einen Abschnitt der Straße nannte sie kurzerhand in Black Lives Matter Square um. Die gelben Buchstaben sorgten für viel Aufmerksamkeit und sind ein symbolischer Gegenentwurf zu Donald Trumps Reaktion auf Bundesebene. Der US-Präsident verurteilte zwar den Tod von George Floyd, setzte beim Umgang mit den Demonstrierenden aber auf Härte. In Washington ließ er zwischenzeitlich die Nationalgarde aufmarschieren.
Bürgermeisterin Muriel Bowser nannte das Mural “ein bestärkendes Kunstwerk, ein zusammenführendes Werk, wegen dessen uns Menschen aus der ganzen Welt angerufen und uns dafür gedankt haben, dass wir Schwarze Menschlichkeit und Schwarze Leben in der wichtigsten Stadt der Welt anerkannt haben."
Kritische Ergänzung aus der Bewegung
Die "Street Art von oben" kam jedoch nicht bei allen gut an. Der lokale Arm der #BlackLivesMatter-Bewegung kritisierte, dass das Mural den Handlungen der Bürgermeisterin widerspreche. Bisher sei sie einer der Hauptforderungen der Bewegung, dem Abzug finanzieller Mittel aus der Polizei, nicht nachgekommen. Inzwischen haben Unbekannte den Schriftzug um den Slogan "Defund The Police" (Definanziert die Polizei) erweitert. In den USA wird derzeit über Polizeireformen diskutiert. Die Stadt Minnesota erwägt, ihre Polizeibehörde ganz aufzulösen. Ob Muriel Bowser die kritischen Ergänzungen zu ihrem Auftrags-Kunstwerk in Washington stehen lassen will, wollte sie bisher nicht öffentlich bekannt geben.
Das Mural zeigt, dass Botschaften im öffentlichen Raum trotz aller digitaler Vernetzung und dem Bilderstrom auf Social Media bei den derzeitigen Protesten eine große Rolle spielen. Weltweit sind Wandbilder von George Floyd entstanden, der Künstler Jammie Holmes ließ die letzten Sätze des Getöteten über amerikanischen Städten schweben ("I can't breathe", "They're going to kill me").
Es sind Worte, die nun ästhetisch nüchtern auf Plakaten und an öffentlichen Orten auftauchen, die jedoch komplexe gesellschaftliche Konflikte repräsentieren. In Washington muss sich der Black-Lives-Matter-Schriftzug mit den Wahrzeichen der Hauptstadt wie dem Lincoln Memorial und dem Nationaldenkmal des Obelisken messen. Ein paar Liter gelbe Farbe gegen die soliden jahrhundertealten Insignien der Macht.
Ein Interview zum Umgang von US-Museen mit der Polizei lesen Sie hier