Corona-Fakten als Kunst

Die Übersetzerin

Die Journalistin Mona Chalabi verwandelt Informationen zur Corona-Pandemie in Illustrationen – und informiert so, ohne zu verängstigen 

Sie begleiten uns wie ein dauerndes Hintergrundrauschen, die Neuigkeiten zum Corona-Virus. Statistiken, Symptome, wie viele Infizierte noch mal? Es ist kaum möglich, sich den ständig aktualisierten Informationen zu entziehen, geschweige denn, sie noch richtig einzuordnen.

Mona Chalabi räumt ein bisschen auf. Die britische Datenjournalistin ist die Art Person, die man sich für undurchsichtige Situationen wünscht: Sie präsentiert komplizierte aber wichtige Fakten auf ansprechende und verständliche Weise - als Illustrationen. 15 Prozent der Corona-Infizierten haben Gelenk- oder Muskelschmerzen. Daneben gezeichnet sind zwei in die Luft gestreckte Beine, die Füße in pinken Highheels. Unter einer kleinen Gabel steht: "Stahl = 5 Tage". So lange bleiben die Viren auf stählerner Oberfläche. Die Risikogruppe "alte Menschen" wird von einer freundlichen Frau mit Hund repräsentiert, für die man sofort einkaufen gehen würde.

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Individualism is the enemy of public health.

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Chalabi studierte International Relations und International Security in England und Paris, bevor sie 2014 nach New York zog. Nach vier Jahren bei “The Guardian“ schreibt sie nun als Freelancerin eine wöchentliche Kolumne für die renommierte Tageszeitung und arbeitet als Datenjournalistin, Künstlerin und Rednerin. In allen Bereichen zeigt sie soziale und politische Ungerechtigkeiten auf und macht unangenehme Fakten zugänglich. Ihre Corona-Aufklärungs-Illustrationen, haben ihrem Instagram-Account viel neue Aufmerksamkeit beschert.

"TMI", steht in ihrer selbstbeschreibenden Insta-Bio - too much information. Das sagt man, wenn eine heikle Situation zu detailreich geschildert wird, oder man es eigentlich gar nicht so genau wissen will. Mona Chalabi aber konfrontiert. Sie bereitet ihre ausgewerteten Fakten so auf, dass man nicht anders kann, als sich emotional mit ihnen auseinander zu setzen und sie zu verstehen. Während viele bei einem Tortendiagramm in unterschiedlichen Grautönen vielleicht weiter scrollen, entsteht durch Chalabis Illustrationen eine Verbindung zwischen Betrachter und Betroffenen, durch die man Wut, Trauer oder Empathie empfindet, bezüglich dem, was man gerade beginnt zu begreifen. 

Für eine Statistik zum Thema Luftverschmutzung malte Mona Chalabi eine Black Person of Color und eine Weiße Person; während der Weiße Mensch die meiste verschmutze Luft ausstößt, und die wenigste einatmet, atmet die Black Person of Color, die die wenigste verdreckte Luft verursacht, das meiste von ihr ein. Das bleibt im Kopf. Vor etwa einer Woche postet sie ihre erste gezeichnete Statistik zu Covid-19: "Die Ausbreitung des Coronavirus ist schlimmer als die Anzahl der bestätigten Fälle". Das Fazit: Es sind ganz sicher mehr Menschen infiziert, als angegeben; dafür arbeitete sie mit den Zahlen der Johns Hopkins Universität.


Mona Chalabi entmythologisiert die tägliche Berieselung und Informationen, die nur Spezialisten verstehen. Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Social Distancing, Selbstquarantäne und Isolation? Wer braucht welche Schutzausrüstung? Maske, Handschuhe, Schutzbrille und Kittel ordnet Chalabi dem jeweiligen Covid-19-Personal zu. Wer ist jetzt am verletzlichsten? Wer braucht Hilfe? Sie zeichnet Obdachlose, Vorerkrankte, Schwangere. Es können gar nicht zu viele Informationen sein, so lange sie uns helfen, diese unübersichtliche Lage einzuschätzen und danach zu handeln.