Berlins Kultursenator Klaus Lederer sorgt sich angesichts der Coronakrise um den Erhalt der kulturellen Infrastruktur. "Wir arbeiten dran, alles zu vermeiden, dass etwas wegbricht", sagte der Linke-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Die kulturelle Infrastruktur ist zentral für das Funktionieren einer demokratischen Gesellschaft." Lederer fordert für den Erhalt der Kulturszene ähnliche Anstrengungen wie bei der Bankenkrise. "2008 war es binnen weniger Tage möglich, mehrstellige Milliardenbeträge für die Rettung von Banken bereitzustellen. Wenn das damals möglich war, dann muss es jetzt möglich sein, diese existenzielle Kulturinfrastruktur zu sichern", sagte er. "Gerade im Kulturbereich leben Menschen in besonderer Weise in prekären Verhältnissen, daraus resultiert eben auch eine besondere Verpflichtung der öffentlichen Hand von Bund und Ländern, sich um diese Menschen zu kümmern."
Für die sächsische Kultur- und Tourismusministerin Barbara Klepsch (CDU) ist das von der Bundesregierung beschlossene Corona-Soforthilfepaket eine wichtige Unterstützung für viele hart von der Krise getroffene Künstler und Kulturschaffende in Sachsen. "Die Situation ist an vielen Stellen kritisch und bei einigen Betroffenen auch dramatisch", sagte sie am Montag in Dresden. "Für diese Menschen brauchen wir ein Auffangnetz." Mit den Zuschüssen des Bundes könnten vor allem laufende Miet- und Pachtkosten beglichen werden. Der Freistaat Sachsen stellt zudem zinslose Soforthilfe-Darlehen und Express-Bürgschaften bereit, sagte Klepsch. Die Bundesregierung hat zuvor in Berlin ein milliardenschweres Hilfsprogrammen beschlossen, um Arbeitsplätze und Unternehmen zu retten. Danach sollen existenzgefährdete Kleinstunternehmer und Solo-Selbstständige über drei Monate Finanzspritzen von 9000 bis 15 000 Euro bekommen.
Die Ernst von Siemens Kunststiftung startet eine Förderlinie für Freiberufler an Museen und verspricht unbürokratische Unterstützung von Restauratoren und Wissenschaftlern. Je nach Projekt werden zwischen 2.000 und 25.000 Euro für begrenzte Restaurierungsprojekte und die wissenschaftliche Arbeit an Ausstellungskatalogen, Bestandskatalogen oder Werkverzeichnissen zur Verfügung gestellt.
Museen sehen sich aber auch als Helfer in Krisenzeiten, nicht nur ideell, sondern manchmal ganz praktisch mit materieller Untertstützung: Die Konservatoren des Stedelijk-Museums, des Reichsmuseums und des Van Gogh Museums in Amsterdam spenden ihren Bestand an Gesichtsmasken und OP-Handschuhen dem medizinischen Personal und den Krankenhäusern. Die Idee dazu hatte Erma Hermens, Kunsthistorikerin am Reichsmuseums.
Währenddessen werden weitere Ausstellungen abgesagt, auch wenn sie im Freien stattfinden: Die Präsentation einer Skulptur auf dem leeren Sockel am Londoner Trafalgar Square wird verschoben. Das städtische "Fourth Plinth"-Programm lädt jedes Jahr internationale Künstler ein, für den normalerweise sehr belebten Platz neue Kunstwerke zu schaffen.
Auch die dänische Socle du Monde Biennale, die am 25. April 2020 eröffnet werden sollte, zu verschieben. Stattdessen wird die Biennale Teil des Ausstellungsprogramms des Herning Museum of Contemporary Art für das Jahr 2021.
Museen sind also vorerst weiter im Netz aktiv. So präsentiert die Leiterin des Bucerius Kunstforums, Kathrin Baumstark, alle paar Tage auf Facebook ein anderes Gemälde der aktuellen Ausstellung über den britischen Maler, Zeichner und Grafiker David Hockney (82). Die retrospektiv angelegte Schau entstand in Kooperation mit der Tate und versammelt rund 100 Werke, die größtenteils aus der Sammlung des britischen Museums stammen - von den frühen Arbeiten als Kunststudent bis hin zum großformatigen Panorama "In The Studio" von 2017.
Auch das Kunstfestival "48 Stunden Neukölln" soll vom 19. bis 21. Juni digital stattfinden. Menschen könnten "eine künstlerische Reflexion der Ereignisse" dringend brauchen, sagten die Veranstalter. Besuche im Atelier könnten demnach etwa per Videochat organisiert werden. Einzig Werbung an Litfaßsäulen und in Schaufenstern soll weiter analog gezeigt werden. Ein Festivalsprecher betonte: "Menschen sollen sich dort aber nicht versammeln."