Der belgische Künstler Kris Martin hat ein Talent dafür, den religiösen Pathos der Alten Meister ironisch zu brechen - und mit seinen minimalen Interventionen gleichzeitig etwas von deren Erhabenheit zu transportieren. In Gent findet nun im Museum für Zeitgenössische Kunst (S.M.A.K.) Martins bisher umfangreichste institutionelle Einzelausstellung in Belgien statt - passend zum großen Van-Eyck-Jubiläumsjahr, auf das die zeitgenössische Schau eine Antwort sein soll.
Kris Martin, geboren 1972 in Kortrijk, ist mit Werken bekannt geworden, die berühmte Elemente aus der Kunstgeschichte lakonisch kommentieren und trotzdem eine diskrete Poesie entfalten. So umhüllt er beispielsweise eine Marienstatue mit Vogelabwehrspitzen. Ein brutaler Heiligenschein - oder eine moderne "Rühr-Mich-Nicht-An-"-Botschaft der Muttergottes. Vom Genter Altar der Van-Eyck-Brüder (1432-35), der gerade nebenan frisch restauriert im Museum Der Schönen Künste gezeigt wird, lässt Martin nur die Form des Holzrahmens übrig. Dort, wo die Andachts-Szenen hingehören, herrscht Leere. Gleichzeitig erscheint in den Fenstern nun die Umgebung als Bild. Das Profane wird in der bekannten Flügelform heilig gesprochen.
Adam und Eva haben keine Lust aufeinander
Auch die Arbeit "Eve & Adam" antwortet auf Van Eycks Meisterwerk. Dafür nimmt er sich die Figuren von Adam und Eva vor, die auf dem Altar in geöffnetem Zustand die äußersten Tafeln bevölkern und zueinander schauen. Schließt man die Flügel, sind die beiden nackten Körper im Herzen des Altars vereint. Kris Martin dagegen isoliert die Gesichter des Paares und ordnet sie so an, dass sie in verschiedene Richtungen blicken. Adam und Eva haben offensichtlich keine große Lust mehr aufeinander.
Eines von Kris Martins bekanntesten Werken ist ein originalgroßer begehbarer Heißluftballon, der auf der Seite liegt. Durch einen Ventilator bläht sich die bunte Ballonseide ambitioniert auf, stößt aber immer wieder an die Grenzen des Raums. An Abheben ist nicht zu denken. Ein prägnantes Bild des Aufbruchswillens, das Kris Martin - souverän und unaufgeregt, wie es seine Art ist - sofort wieder ins Klägliche verkehrt.