In der Oude Kerk, dem ältesten Bauwerk von Amsterdam, wurden mehr als 10 000 Stadtbewohner beigesetzt, Admiräle, Organisten und Kartografen – und auch Saskia, die Frau Rembrandts. Innerhalb dieser Kirchenmauern ist die lärmende Außenwelt wie ein Spuk verschwunden. Die um die Pfeiler gestapelten Sandsäcke verwandeln das Innere in eine Festung gegen drohendes Unheil. Fenster sind mit Matratzen abgedichtet. Wer wird hier vor wem geschützt? Das kulturelle Erbe? Die nationale Identität? Verfolgte, die traditionell Zuflucht in einer Kirche fanden? Goldschimmernde Kerzenleuchter ruhen auf kleinen Scheiterhaufen. Ein Ort wie für Adrián Villar Rojas geschaffen.
Tony Oursler oder Christian Boltanski haben hier in früheren Ausstellungen mit dem Raum interagiert, keiner hat die Akustik so genutzt wie der 39-jährige Argentinier. Windgeräusche, Regen und Klappern eines Fensters hält man zunächst für zufälliges Beiwerk. Aber dann meint man einen Wal zu hören, Autoverkehr und Polizeisirenen tauchen aus der hintersten Ecke auf. Und welcher Agitator hat hinter der Mauer aus Sandsäcken zu einer politischen Sturmrede angesetzt? Man hält nach ihm Ausschau und wird doch nur mit den eigenen Ängsten konfrontiert.
Ein Auslöser für diesen ortsspezifischen Thriller war die berühmte "Voyager Golden Record", die den Raumsonden Voyager 1 und 2 beigegeben wurde. Zu den Audiodaten, die das Wesen der Menschheit charakterisieren sollten, gehörten Wind und Donner, aber auch Mozart. Die Klangcollage schwebt seit 1977 durch den Äther und findet vielleicht nie einen Empfänger. Villar Rojas’ Werk bleibt, als unwiederholbare Kunsterfahrung.