"Hüter der Schätze"

Grünes Gewölbe für Dirk Syndram Herzenssache

Ein Duisburger hütet die Schätze sächsischer Kurfürsten und Königen in Dresden. 1993 hat Kunsthistoriker Dirk Syndram deren Präsentation in der einstigen Residenz geplant - das meiste davon ist Realität

Auch nach fast drei Jahrzehnten gerät Dirk Syndram regelmäßig ins Schwärmen, wenn er durch sein Museum geht. Der aus Nordrhein-Westfalen stammende Kunsthistoriker ist seit 1993 Direktor des berühmten Grünen Gewölbes in Dresden. Damals war er 37 und sah die neue Aufgabe als Abenteuer auf einem "unentdeckten Goldfeld" und "Offenbarung". Die Aufgabe, die Museumsbestände von Weltbedeutung aufzuarbeiten, wog auch den finanziellen Verlust durch den Wechsel in den Osten in der Privatschatulle auf.

Mit dem Mauerfall stand für den Museumsmann, der in Berlin lange in einer Wohnung direkt am "antifaschistischen Schutzwall" lebte fest, dass eine Tätigkeit im Osten reizvoll wäre. 1955 in Duisburg geboren, verbrachte Syndram nach dem Studium der Kunstgeschichte, Ägyptologie und Archäologie längere Zeit in England und Frankreich. Sein voriger Job bei der Kunstgewerbesammlung und Stiftung Huelsmann Bielefeld, eine der reichsten Sammlungen deutscher Goldschmiedekunst von der Renaissance bis zum Klassizismus, war eine Art Übung für Dresden.

Mit 64 Jahren ist Syndrams Vision nicht fertig

Die Schätze der sächsischen Monarchen nahmen den "Wessi" sofort ganz in Beschlag und er stürzte sich in die Planungen der Ausstellungen mit den damals noch großteils im Depot verwahrten Kostbarkeiten im noch nicht mal rohbaufertigen Residenzschloss ab 2006. Dabei hatte Syndram schnell eine Vision, wie alles in den acht 1945 zerstörten und vor der Rekonstruktion stehenden historischen Räumen und einem modernen Teil des Museums arrangiert wird. Seit 2002 ist Syndram zudem Schlossdirektor und seit 2006 auch Chef der Rüstkammer.

Wie bei den Meisterwerken der Goldschmiede- und Juwelierkunst kann er sich auch an Prunkwaffen und -rüstungen, fürstlichen Kleidern oder höfischen Festen begeistern. Die Liste seiner Publikationen dazu ist lang. Seinen Enthusiasmus und Sinn für höchste künstlerische Meisterschaft teilt er mit seinen Mitarbeitern. Im Team haben sie das barocke Schatzkammermuseum wie 1733 eingerichtet, aber auch die Türckische Cammer, den Riesensaal und kürzlich die Paraderäume. Mit 64 Jahren ist Syndrams Vision nicht fertig, denn weitere Präsentationen der Rüstkammer gibt es erst auf Papier.

Der Schock über den brutalen Einbruch sitzt tief

"Ich bin über die Jahre mit den Dingen verwachsen, sie liegen mir am Herzen", sagt Syndram. Allein das Grüne Gewölbe fülle ein ganzes Berufsleben aus. Für ihn ist es "einer der schönsten Arbeitsplätze Deutschlands", den er erst schaffen durfte und hütet. Der Schock über den brutalen Einbruch in den prächtigsten Raum der barocken Schatzkammer, die als begehbarer Tresor gilt, sitzt tief. "Es ist eine Katastrophe." Anders als bei einem Brand könnten die verlorenen Objekte wiederkommen, sagt Syndram - und vertraut darauf, dass die Diebe vor ihrer Zerstörung zurückschrecken.