Mit einem Foto von Tomás Saracenos Wolkensphären im Sonnenuntergang verabschiedete sich am gestrigen Sonntag nach über sechs Monaten die 58. Biennale Arte in Venedig. Nach Angaben der Veranstalter zählte die Ausstellung 593.616 Besucher, dazu kamen 24.762 Fachbesucher während der Eröffnungstage Anfang Mai. Damit habe die Biennale ihr Ziel von ca. 600.000 verkauften Tickets erreicht, wie der Präsident Paolo Baratta in seinem Abschluss-Statement bekannt gab. 2017 hatte die 57. Ausgabe der Kunstschau einen Besucherrekord mit 615.152 zahlenden Gästen aufgestellt.
Gerade wegen der schwierigen Wetterverhältnisse in der Schlussphase sei das Ergebnis ein Erfolg, sagte Baratta. Venedig ist seit Wochen von schweren Überschwemmungen betroffen. Auch die Biennale musste zwischenzeitlich schließen. Am letzten Tag, dem gestrigen Sonntag, blieben mehrere Nationalpavillons gesperrt.
Abschluss mit Solange
Die von Ralph Rugoff kuratierte Biennale endete mit Performances, Diskussionen und Vorträgen. Unter anderem stellte auch die US-Musikerin und Künstlerin Solange eine neue Performance vor, die sich unter dem Titel “Nothing to prove, Nothing to Say” mit Motiven von Spiritualität und Schutz auseinandersetzte.
Das Motto von Rugoffs Hauptausstellung war "May You Live in Interesting Times" – eine Klammer für alle verschiedenen Ansätze, wie Künstler mit politischen und klimatischen Ausnahmesituationen umgehen. Am Ende der Biennale bleibt jedoch der Eindruck, dass die Realität die Kunst eingeholt oder sogar übertroffen hat. Klimawandel, Krieg, Kunstmarkt-Mechanismen – all diese Themen der Ausstellung brachen ganz unmetaphorisch in Venedig ein.
Die Neuen auf dem Kunstwelt-Thron
Nach den verheerenden Überschwemmungen erklären Experten, dass Venedig langfristig nicht zu retten sein wird, im Sommer gab es zwei Fast-Katastrophen mit Kreuzfahrtschiffen und sowohl der irakische als auch der venezolanische Pavillon schlossen wegen Unruhen im Land - oder machten gar nicht erst auf. Den Kunstzirkus führte nebenbei noch Banksy vor, als das berühmteste Phantom der Street-Art als Kitsch-Maler mitten im Touristentrubel niemandem auffiel.
Was künstlerisch von der 58. Biennale bleibt, wird sich wohl erst in einigen Jahren zeigen. Mit Arthur Jafa, den Macherinnen des litauischen Pavillons (die Künstlerinnen Rugilė Barzdžiukaitė, Lina Lapelytė und Vaiva Grainyté und die Kuratorin Lucia Pietroiusti ), Laure Prouvost und Kahlil Joseph werden sich einige Teilnehmer aber zweifellos bequem auf dem Kunstwelt-Thron einrichten.
Der deutsche Pavillon von Natascha Süder Happelmann wird irgendwann an einen politisch kippeligen Moment in der Geschichte erinnern. Und mit dem zerfetzten Flüchtlingsboot von Christoph Büchel hat die Biennale eines der kontroversesten Werke des Jahres hervorgebracht.
Als weltentrückte Kunstblase konnte man die Ausstellung zumindest nicht bezeichnen. Dafür sind die Times zu interesting.