Klimaprotest

Altes Grün in neuen Flüssen

Klima-Aktivisten haben in Zürich den Fluss Limmat grün gefärbt. Eine Aktion, die gleich mehrere künstlerische Vorbilder hat. Benutzt wird dabei immer ein bestimmter Farbstoff

Auf einmal färbte sich am Dienstagnachmittag die Limmat in der idyllischen Altstadt von Zürich giftgrün. Zwischen Münster- und Rathausbrücke trieben Menschen in dem Fluss, andere sprachen am Ufer mit Passanten über den "bevorstehenden Kollaps unseres Ökosystems" – bis nach 30 Minute die Farbe aus dem Fluss wieder verschwunden war.

Die Umweltbewegung Extinction Rebellion bekannte sich später zur Aktion: "Bei der Farbe handelt es sich um völlig ungefährliches Uranin, welches etwa die Toxizität von Speisesalz hat." Die Polizei bestätigte dies – und hat dennoch Ermittlungen aufgenommen.

Extinction Rebellion (übersetzt: Rebellion gegen das Aussterben) macht mit zivilem Ungehorsam auf die Klimakrise aufmerksam. Mehr noch als die Demonstranten von Fridays for Future benutzt sie dabei performative und gestalterische Strategien, die an Kunst erinnern. Es ist kein Zufall, dass das Londoner Victoria and Albert Museum (V&A) kürzlich Flaggen, Flyer, Stempel und Manifeste der 2018 gegründeten Bewegung für die Sammlung akquiriert hat. 

Uriburu und Eliasson lassen grüßen

Bei der Aktion in Zürich sind die künstlerischen Vorbilder nicht zu übersehen. Zum einen hatte der 2016 gestorbene argentinische Aktionskünstler und Maler Nicolás García Uriburu 1968 zur Biennale in Venedig den Canal Grande unerlaubt grün gefärbt. Uriburu wiederholte seine Aktion gegen die Verschmutzung der Gewässer unter anderem im East River in New York, auf der Seine unter den Pariser Brücken, vor dem Antwerper Hafen und 1981 gemeinsam mit Joseph Beuys auf dem Rhein in Düsseldorf. Beide Künstler stellten anschließend Flaschen mit dem verschmutzten Rheinwasser aus. Zuletzt wurde das Spektakel 2011 in der Weser vom Weserburg-Museum in Bremen aufgeführt. 

Sein Material: Uranin! Uranin ist das wasserlösliche Natriumsalz des fluoreszierenden Farbstoffs Fluorescein und wird in der Seefahrt zur Markierung des Aufenthaltsorts von Schiffbrüchigen benutzt, außerdem seit langen zum Einfärben von Kosmetika und zur Dekoration. Dabei sieht Uranin giftig aus, irgendwie radioaktiv – was es für Klima-Aktivisten gerade attraktiv macht.

Das Gleiche in noch grüner

Auch der Künstler Olafur Eliasson färbte Flüsse ein, zwischen 1998 und 2001 in Bremen, Stockholm, Los Angeles und Tokyo. Auch er benutzte Uranin. Mit seinen Aktionen wollte er auf die Anwesenheit von Natur in der Stadt aufmerksam machen: "Für einen Moment wurde die Stadt real", erklärte Eliasson. "Der Punkt war nicht einmal der grüne Fluss. Der Punkt war, wie er vorher und nachher aussah. Das Verständnis von Vergangenheit und Zukunft hatte sich verändert, und das Vehikel für dieses Umdenken ist grün."

Es muss wohl immer diese Farbe sein – und es muss Uranin sein. Aber auch Nicolás García Uriburu und Olafur Eliasson waren nicht die ersten, die Flüsse mit dem Fluorescein färbten. Seit 1962 verwandelt die Klempner-Gewerkschaft von Chicago jedes Jahr zum St Patrick’s Day den Chicago River in eine grüne Brühe.