Marianne Brandts berühmtes Tee-Extraktkännchen war ein grafisch-geometrisches Gefäß, das sowohl Skulptur als auch funktionaler Gebrauchsgegenstand war. Es wurde als Prototyp 1924 von ihr für die Industrie geschaffen, ging aber nie in Serie. Das Verhältnis von Unikat und Serie, Remake und Original ist das Thema des großen Beitrags zum Bauhaus-Jubiläum in Berlin. Und auch wenn dieses Thema zunächst nicht so griffig zu sein scheint wie manches Designermöbelstück, das jeder kennt, führt es doch mitten ins Herz des Bauhauses, jener Schule, die nur 14 Jahre in Deutschland Bestand hatte und das Designverständnis für immer veränderte.
Die Idee, hochwertige Dinge in Serie herzustellen, war nicht nur produktionstechnisch herausfordernd, sondern auch an ein fortschrittliches Menschenbild geknüpft. Da das Berliner Bauhaus-Archiv, Walter Gropius' letzter Bau, gerade saniert und erweitert wird, findet die Ausstellung mit rund 1000 Exponaten aus der Sammlung
in der Berlinischen Galerie statt. Anhand von 14 Schlüsselobjekten wird erzählerisch und im Fragestil auf bestimmte Bauhaus-Besonderheiten eingegangen.
Wer ist die berühmte Sitzende?
Wer war die berühmte Sitzende mit der Maske im Stahlrohrsessel von Marcel Breuer? Gibt es das Haus am Horn in Weimar insgeheim zweimal? Und warum existiert das tolle ufohafte Kännchen von Marianne Brandt nun doch nicht als Massenprodukt?
Der "Kleiderschrank auf Rollen für Junggesellen" von Josef Pohl aus dem Jahr 1930 wäre in Idee und Ausführung garantiert auch heute noch ein gefragtes Möbelstück, nach einem kleinen makeover, zum Beispiel bei den Schlössern und dem Namen. Die Ausstellung ergänzen zwölf zeitgenössische Kunstwerke, Produktionen, die auf die Objekt- und Bildwelt des Bauhauses Bezug nehmen – ein Fotogramm von Thomas Ruff zum Beispiel. Auratisch und rührend: die Fotopostkarte eines Bauhäuslers an seine Mutter. 1927 beschriftete er alle Gebäude brav mit ihren Funktionen ("Baubüro Gropius!") und bedankt sich ganz besonders für die Apfelsine.