Kunstförderung

Künstlerin Steyerl will Einfluss von Mäzenen eindämmen 

Die Filmemacherin und Autorin Hito Steyerl bei einer Pressekonferenz in Berlin
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Die Filmemacherin und Autorin Hito Steyerl bei einer Pressekonferenz in Berlin

Die Macht von Mäzenen wird zunehmend kritisch hinterfragt. Die Künstlerin Hito Steyerl macht im Dpa-Gespräch Front gegen private Förderer

Führende Museen in New York, London oder Paris haben ihre Zusammenarbeit mit der umstrittenen Pharmaunternehmer-Familie Sackler aufgekündigt. Der Sackler-Konzern Purdue Pharma stellt das Schmerzmittel Oxycontin her, das stark abhängig macht und den Tod von mehr als 200 000 Menschen verursacht haben soll. Die deutsch-japanische Künstlerin und Berliner Kunst-Professorin Hito Steyerl will den Einfluss von Mäzenen generell zurückdrängen. Die Dpa sprach mit Steyerl, die international als eine der einflussreichsten Künstlerinnen gilt.

Aus Anlass Ihrer Londoner Ausstellung "Power Plants" haben auch Sie sich klar gegen die dort als Mäzene agierende Pharmaunternehmer-Familie Sackler positioniert. Dabei haben Sie auch eine App gegen die Serpentine Sackler Gallery eingesetzt. Wie hat die funktioniert?

Die App sorgt spielerisch dafür, dass der Name von der Fassade verschwindet. Das ist allerdings mehr ein Nebeneffekt. Tatsächlich geht es um Einkommensungleichheit in dem Viertel, in dem die Galerie steht. Das weist eines der größten Ungleichgewichte innerhalb von Europa auf.

Was macht denn die Sacklers so besonders?

Es geht mir nicht um individuelle Mäzene. Es geht mir darum, darauf hinzuweisen, dass die Verflechtungen privater Förderer im Kunstbetrieb auf Dauer gesehen zu völlig unvorhersehbaren Komplikationen führen und auch eine öffentliche Diskussionssphäre aushöhlen, privatisieren und unterminieren können. Das ist mein Hauptanliegen. Es geht mir nicht darum, ob ein Mäzen schlimmer ist als andere Förderer. Es geht mir darum, das Prinzip als solches zur Debatte zu stellen. Warum werden Namen über Portalen an Meistbietende verkauft? Das ist für mich nicht wirklich nachvollziehbar.

Ist das in der Kultur anders als in anderen Bereichen?

Etwa der Sportbereich hat sehr strikte Regelungen im Hinblick auf Förderung, da wird sehr stark darauf geachtet, dass zum Beispiel ein Pharma-Unternehmen oder ein Zigaretten-Produzent keine Chance hätte, ein großes Sportereignis zu fördern oder den Namen so prominent abgebildet zu sehen.

Wie sollte es jetzt weitergehen?

Für die Zukunft wäre es nicht hilfreich, sich immer so stark auf diese Einzelfälle zu fokussieren. Da gerät man immer in die Debatte: Wer ist schlimmer? Wo ist die Grenze? Mir geht es um das Prinzip als solches.

Die Beziehung zwischen Künstlern und potenziellen Geldgebern war nie ganz leicht. Gibt es nun eine aktuelle Entwicklung?

Das Spannungsfeld Künstler zu Mäzen hat sich definitiv verstärkt. Vor allem nach der Finanzkrise mit der Austeritätspolitik, die zu weiteren Streichungen von Subventionen im Kulturbetrieb geführt hat, besonders auch etwa in Großbritannien. Das war sozusagen der Anlass, dass eine bestimmte Fördererkaste vermehrt die Möglichkeiten hatte, ihren Einfluss auszuweiten.

Wie sind die Reaktionen unter Künstlern? Vernetzen Sie sich?

Das wird selbstverständlich auch zwischen Künstlern diskutiert. Es gibt Plattformen, die entstehen etwa anhand von konkreten Fällen und verschwinden dann auch wieder. Das sind bisher meist Diskussionen, die vom Anlass abhängen.

In Deutschland werden Kunst und Kultur umfassend öffentlich gefördert. Gleichzeitig gibt es zahlreiche private Stiftungen und Mäzene, die Projekte finanzieren. Woran liegt es, dass hier seit einiger Zeit kaum größere Auseinandersetzungen geführt werden?

Es ist kein Zufall, dass es in Deutschland noch verhältnismäßig ruhig ist. Bis jetzt - man muss sagen bis jetzt - ist der Einfluss privater Sammler und Förderer längst nicht so massiv wie vor allem in England und den USA. Das scheint sich aber gerade zu ändern. Deswegen wäre jetzt ein sehr guter Moment, den Einfluss privater Sammler und Stiftungen auf den öffentlichen Kunst- und Kulturbetrieb einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Es ist jetzt noch früh genug, um da gegenzusteuern und nicht sehenden Auges in diese Problematik hineinzulaufen.