Zensurvorwürfe in Polen

Nationalmuseum hängt feministische Kunst nach Protesten wieder auf

Am Wochenende hatte das Nationalmuseum in Warschau Werke der feministischen Künstlerinnen Natalia LL und Katarzyna Kozyra aus der Sammlungspräsentation verbannt. Nach heftigem Protest aus der internationalen Kulturszene werden die Arbeiten nun wieder gezeigt 

Wenn in den sozialen Medien verstärkt Bilder von Menschen auftauchen, die lasziv in eine Banane beißen, könnte das ein harmloser Influencer-Gag sein. Diesmal haben die anzüglich phallischen Früchte jedoch einen politischen Hintergrund. Das öffentliche Bananenessen ist eine Protestaktion gegen Kunstzensur in Polen. Und offenbar hat sie Wirkung gezeigt.

Hintergrund des Bananenkonsums ist die Entscheidung des Nationalmuseums Warschau vom Wochenende, zwei feministische Kunstwerke aus der Dauerausstellung in der Abteilung für zeitgenössische Kunst zu entfernen. Dabei ging es einmal um das Werk "Consumer Art" der polnischen Avantgarde-Künstlerin Natalia LL von 1972, in dem sie verführerisch Bananen verzehrt. Außerdem war die Videoarbeit "Appearance Lou Salome" (2005) von Katarzyna Kozyra verschwunden, die eine Frau zeigt, wie sie im Dominakostüm Friedrich Nietzsche und Rainer Maria Rilke als Hunde dressiert.

Die Entscheidung, die Museumsdirektor Jerzy Miziołek mit der "verstörenden Wirkung" der Werke auf Jugendliche begründete, rief viel Protest hervor. Künstler und Kulturschaffende werteten das Abhängen als Zensur feministischer Kunst und vermuteten dahinter eine Einflussname der konservativen PiS-Regierung. Viele User, unter anderem die Künstlerin Katrin Plavcak und die Kuratorin Martha Kirszenbaum, posteten Natalia LLs Werk und fotografierten sich suggestiv selbst mit Bananen. Über die sozialen Medien wurde außerdem zum gemeinsamen Bananenessen vor dem Museum aufgerufen.  

 

Auch die ZW Foundation, die das Archiv von Natalia LL verwaltet, zeigte sich empört über das Abhängen der Werke und nannten die Aktion eine offene Zensur. "Das Museum sollte keine Angst davor haben, Kunstwerke von existenzieller Natur zu zeigen, die Denkanstöße geben", hieß es aus der Stiftung.

Der Protest schien selbst die Museumsleitung zu beeindrucken, denn in einem Statement kündigte Jerzy Miziołek heute an, die Werke bis zur geplanten Neugestaltung der ständigen Sammlung wieder aufzuhängen. Ob sie danach noch gezeigt werden, ließ er offen.  

In Polen beklagen sich immer wieder Kulturschaffende über politische Einflussname der PiS-Regierung auf die Kunstszene. So wurden beispielsweise kritische Theaterintendanten durch regierungsnahe Nachfolger ersetzt. Auch Jerzy Miziołek wurde 2018 vom polnischen Kulturministerium eingesetzt. Vor der Entscheidung , Natalia LL und Katarzyna Kozyra abzuhängen, war der Museumsdirektor laut Medienberichten ins Ministerium gerufen worden, da sich Eltern über die "skandalösen" Werke beschwert hätten. Der Zeitung "Gazeta Wyborcza" hatte Jerzy Miziołek gesagt, Themen wie Gender gehörten nicht ins Nationalmuseum.

Das Kulturministerium bestritt, die Entfernung der Kunstwerke in Auftrag gegeben zu haben. Allerdings haben sich Regierungsvertreter immer wieder gegen Feminismus und Genderforschung ausgesprochen. Der PiS-Vorsitzende Jaroslav Kaczinsky hatte erst vor wenigen Tagen Rechte für Homosexuelle, Genderthemen und die UN-Richtlinien für Sexualerziehung als "Gefahr für Polen" bezeichnet. Alle Bürger müssten unabhängig ihres persönlichen Glaubens die Werte der katholischen Kirche achten.