Kommentar

Neue Geister im Deutschen Pavillon

Der deutsche Beitrag der nächsten Biennale von Venedig kommt von Anne Imhof. Ein Kommentar

Angst ist kein guter Berater, aber "Angst II" war eine gute Erfahrung. Anne Imhofs zuletzt in Berlin gezeigte vierstündige Performance im Hamburger Bahnhof wurde kritisiert und geliked, aber man muss sagen: Es gab 2016 wenig Eindringlicheres als Anne Imhofs Ausstellung zum Preis der Nationalgalerie.

Das Vernebelte, Zögerliche und Abgefuckte, ihre Darsteller zwischen high fashion und low income, das Drogeninduzierte, das Gelähmte und Hypernervöse kroch wie der Nebel selbst allmählich in die Betrachter hinein, und wenn sie sich nicht genervt abwandten, sondern ein paar Stunden blieben, dann wurden sie auch Teil dieses kollektiven Zustands, der "Angst II" hieß.

Neben den überwältigten Stimmen gab es auch kritische, darunter der seltsame Vorwurf, die Installation sehe auf Instagram so gut aus. Woraus dann abgeleitet wurde, dass es hauptsächlich um einen guten Look gehe.

Das ist allerdings eine Logik, der die Kuratorin Susanne Pfeffer, der Kuratorin des Deutschen Pavillon, noch nie folgte. Sie hat in ihren Ausstellungen als Direktorin am Kasseler Fridericianum während der letzten Jahren immer wieder großes Gespür für Themen bewiesen. Aber interessant war dabei gerade, dass sie nicht stromlinienförmige wiedererkennbare Trends setzte, sondern auch sperrigen Fragen aus aktuellen Philosophiediskursen nachging. Und immer plausibel in der ganz aktuellen Kunst fündig wurde.

So haben die Ausstellungen von Susanne Pfeffer immer eine große Kraft in der Analyse der Gegenwart, sind dabei aber nie analytisch angelegt, vor allem aber nicht über Ästhetiken definiert.

Was ist zu erwarten, wenn die ätherischen Körper der Darsteller von Anne Imhofs Performances sich ab Mai durch den Deutschen Pavillon bewegen? Es hat in der Vergangenheit etliche künstlerische Geisteraustreibungen aus dem Ausstellungspavillon mit der Nazi-Architektur gegeben. Vermutlich ziehen mit der Wahl Anne Imhof nun neue, andere ein.