30 Jahre nach dem Fall der Mauer hat die ehemalige DDR-Bezirksstadt Neubrandenburg den Erhalt mehrerer großer Arbeiten von Wolfram Schubert - einst Vorsitzender des Bezirksverbandes Bildender Künstler - in Angriff genommen. Die Hochhaussiedlung mit dem Riesen-Wandbild "Die Quelle" ist nach Ansicht des Landesamtes für Denkmalpflege ein historisch wertvolles und schutzwürdiges Ensemble.
Die 15 Gebäude des Plattenbautyps WBS 70 seien "ein Zeugnis der Sozialpolitik der DDR", sagte Jörg Kirchner vom Schweriner Landesamt auf einem Forum in Neubrandenburg. Die Hochhäuser mit 1100 Wohnungen seien im Gegensatz zu anderen Städten in der Grundsubstanz ursprünglich erhalten. Sie waren Anfang der 1980er Jahre entstanden, auch um die Bedeutung der Ex-DDR-Bezirksstadt Neubrandenburg hervorzuheben.
Das riesige Fliesenbild wurde von der zuständigen Neubrandenburger Wohnungsgesellschaft bereits auf Stabilität geprüft, wie Geschäftsführer Frank Benischke sagte. Eine Restaurierung sei aber nicht vorgesehen. Er schätze, dass die von Mietern immer noch geschätzten Gebäude noch "bis 2050 oder 2060" stehen, dann aber ihre Lebensdauer erreicht hätten. Rund zwölf Millionen Euro seien in Modernisierungen geflossen.
Ein wichtiges Erkennungsmerkmal
Das Wandbild ist laut Bürgermeister Silvio Witt (parteilos) ein wichtiges Erkennungsmerkmal für die drittgrößte Stadt in Mecklenburg-Vorpommern. Zudem stelle das in den 1980er Jahren entstandene Hochhaus-Wohnquartier in der Neustrelitzer Straße ein "unverändertes Beispiel einer Gesamtanlage mit städtebaulich hoher Wirksamkeit" dar. Solche Plattenbauensembles waren damals in vielen DDR-Bezirksstädten entstanden, wurden aber nach 1990 stark verändert.
Schubert hatte damals den Auftrag, mehrere Wandbilder in Anlehnung an den damaligen Straßennamen "Leninallee" zu entwerfen. "Ich schlug drei Namen vor: Die Quelle, der Funke, die Flamme", sagt der Künstler. Die Bilder sollten zum Marxismus-Leninismus der DDR passen, der damals wichtigsten Philosophie. Umgesetzt worden sei aber nur "Die Quelle" - gedeutet als Studium der Unterlagen von Marx, Engels und Lenin.
Umdenken im Umgang mit Kunst der DDR
"Die Oberen hatten sich damals wohl etwas anderes vorgestellt", sagt Schubert. Heute könne das Wandbild auch für den vorherigen Namen des Stadtteils stehen. «Bevor die Hochhäuser kamen, hat das Gebiet "Blumenborn" geheißen und hier soll sich auch eine Quelle befunden haben.»
Schubert hat nach den für ihn schweren Jahren nach 1990, als mehrere seiner Arbeiten verschwanden, nun einen anderen Umgang mit DDR-Kunst ausgemacht: "Es ist ein Umdenken im Gange." So soll auch sein "Kampf und Sieg der Arbeiterklasse" im heutigen Rathaus Neubrandenburg wieder freigelegt und restauriert werden.
Es war nach dem Mauerfall mit Leichtbauplatten überbaut worden. Hier steht ein Besichtigungstermin aber noch aus. In der Zeit als DDR-Bezirksstadt wuchs Neubrandenburg von einst 25.000 auf mehr als 90.000 Einwohner. Heute leben noch rund 65.000 Menschen in der Stadt am Tollensesee.