Auf negative Schlagzeilen ist in Köln immer noch Verlass. Die Sanierung der Oper zieht sich als Endlosbaustelle hin, ein Wasserschaden im Stadtmuseum verhindert bis 2018 den Ausstellungsbetrieb und das marode römisch-germanische Museum schließt Ende 2017 für sechs Jahre. Gerade fiel man noch durch den planlosen Umgang mit den Galerien unangenehm auf, die seit Jahren den verwahrlosten und von Drogenkriminalität geprägten Unort Ebertplatz bespielen. Erst hat das Liegenschaftsamt einigen der Kunsträume gekündigt, um den Eingang zum unterirdischen Angstterrain zumauern zu können. Jetzt lässt die Oberbürgermeisterin Henriette Reker den Vorgang prüfen.
Weniger zimperlich springt man mit der einst als Leuchtturmprojekt angekündigten Akademie der Künste der Welt um. Fünf Jahre ist ihre Gründung gerade mal her. Sie sollte Kölns Selbstverständnis als tolerante Stadt unterstreichen und mit ihrem Wirken überregional ausstrahlen. Der Abzug der Kunstszene nach Berlin war da als Phantomschmerz immer noch präsent. Gegen die drohende Provinzialisierung setzte man auf den Charme einer international agierenden Kultureinrichtung. Das gelang nicht auf Anhieb. Nach einer langen Phase der holprigen Selbstsuche hat das Programm aber spätestens mit der Pluriversale, einem eigenen Festival zum Thema Migration, inzwischen deutlich an Konturen und auffällig jungem Publikum gewonnen, was nicht zuletzt auch dem Academyspace, einem lange geforderten festen Domizil in der Herwarthstraße 3 und der engagierten, interdisziplinären Arbeit von Ekaterina Degot zu verdanken ist, die demnächst das Festival "Steirischer Herbst" in Graz leiten wird.
Nun der Schlag ins Gesicht. Ohne vorherige Ankündigungen kürzt der Stadtrat mit den Stimmen von CDU, Grüne und FDP das Budget um 40 Prozent auf 600.000 Euro. Die Mittelkürzung soll angeblich der freien Szene zugute kommen. Gleichzeitig macht man eine Rückkehr zum bisherigen Budget davon abhängig, ob es den Machern gelingt, "Drittmittel" zu finden und das Programm populärer zu gestalten. Diese etwas widersprüchliche Erwartungshaltung zwischen hohem Anspruch und breiter Tiefenwirksamkeit wird sicherlich nicht dazu beitragen, der städtischen Institution zu der gewünschten Neupositionierung zu verhelfen und bringt ganz nebenbei unterschiedliche Kulturproduzenten gegeneinander auf.
In der zweiten Stellungnahme der Akademie von Mittwoch heißt es: "Bemerkenswert ist, dass diese Kürzung im Rahmen eines Rekordhaushalts verabschiedet wurde, in dem ansonsten keine weitere kulturelle Institution in Köln gekürzt wurde. Finanzielle Spargründe scheiden daher als Ursache aus. Die Kürzung trifft die Akademie schmerzvoll genau in der Übergangsphase zu einer neuen Künstlerischen Leitung. Madhusree Dutta, eine international renommierte, vielfach ausgezeichnete Filmemacherin, Kuratorin und Autorin und Gründungsmitglied der Akademie war auf Grundlage des bereits in den Haushalt eingestellten und schriftlich zugesagten Budgets von 1.000.000 Euro bereit, den Posten als neue Künstlerische Leiterin anzutreten. Sie verband damit den Anspruch, nicht nur ein ambitioniertes Programm zu kuratieren, sondern die Akademie durch langfristige Projekte weiter in der Stadt zu verankern und an der Weiterentwicklung der Institution fortzuwirken. Anstatt nun ein hochwertiges Programm planen zu können und die Akademie dauerhaft zu etablieren, trifft sie jetzt auf eine Institution in einer künstlich und vorsätzlich verursachten Krise, die sich nicht nur intern neu strukturieren, sondern wohl Teile ihrer bisherigen, im städtischen Konzept festgeschriebenen Arbeitsbereiche einstellen muss, um sich der veränderten Haushaltslage anzupassen."
Entsetzt über das Treiben der halbherzigen Politik sind nicht wenige Akademiemitglieder, die mit ihrem Austritt drohen. Außerdem steht auch nicht mehr fest, ob die aus Indien stammende Madhusree Dutta die Stelle als Künstlerische Leiterin unter den veränderten Vorzeichen annehmen wird. Auch das einstige Mitglied der Findungskommission für die Akademie Kasper König gibt zu bedenken: "Diese für Weltoffenheit stehende Institution nun langsam aushungern zu lassen, ist in Zeiten eines zunehmenden Rechtsrucks ein falsches Signal. Entweder Sie unterstützen die Sache weiter voll – dafür plädiere ich unbedingt in diesem Falle – oder Sie machen den Laden ganz dicht, stehen aber auch öffentlich voll dafür ein." Für König bietet sich der kommende 11. November - Karnevalsbeginn! - als Gelegenheit an, die Akademie "als ein Plädoyer für den Internationalismus" neu auszurufen.