Medienschau

"Was für ein Leben ich gehabt hätte, wenn ich doch Maler geworden wäre"

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"Bares für Rares"-Verkauf einer Isa-Genzken-Skulptur droht Rückabwicklung, Museumsschließungen in China und Wim Wenders wäre doch auch gerne ein Maler: Das ist unsere Presseschau am Donnerstag

Debatte

Andreas Kilb antwortet in der "FAZ" auf den Hamburger Geschichtsprofessor Jürgen Zimmerer, der in der jüngsten Ausgabe des Magazins "Zeit Geschichte" schreibt, die Vergangenheitsbewältigung in Deutschland verfolge "ein völkisches Konzept von Deutschsein" und reduziere die Lehren aus dem Nationalsozialismus "auf den Holocaust und eine bestimmte Form antisemitischer Verbrechen". Es ist eine schon bereits länger andauernde Debatte um deutsche Erinnerungskultur und postkoloniale Theorie, die Kilb hier als "Ideologie" abtut. Er versichert deren Anhänger, dass  auch für die Opfer des deutschen Kolonialismus "ganz sicher bald" eine Gedenkstätte in Berlin entstehen wird, "weil die deutsche Erinnerungskultur eben nicht auf Exklusion, sondern auf Vollständigkeit angelegt ist. Aber das genügt der Katechismus-Fraktion nicht, sie will, dass mit dem Bekenntnis zum Staat Israel, der für sie eine koloniale Gründung 'des Westens' auf arabischem Gebiet ist, auch die einzigartige Bedeutung der Schoa für die deutsche Geschichtspolitik verabschiedet wird."

Kunstmarkt

Olga Kronsteiner berichtet im "Standard", dass der "Bares für Rares"-Verkauf einer Isa-Genzken-Skulptur, die ein Intensivpfleger von der befreundeten Künstlerin geschenkt bekommen hat, die Rückabwicklung droht: "Wie das deutsche Kunstmagazin "Monopol" am Tag nach der Ausstrahlung der Sendung (6.9.2023) berichtete, war die Skulptur aus dem Jahr 2011 bei Sotheby’s in Köln gelandet: ausgestattet mit einem Schätzwert von 30.000 bis 50.000 Euro. Als die Onlineauktion Ende vergangene Woche mit einem Umsatz von etwas mehr als zwei Millionen zu Ende ging, gehörte Genzkens Skulptur nicht zu den verkauften Objekten: Denn der "Weltempfänger" war noch vor der Versteigerung zurückgezogen worden. Konkret auf Veranlassung des Betreueranwalts der Künstlerin, wie DER STANDARD in Erfahrung brachte." Die Künstlerin sei damals in stationärer psychiatrischer Behandlung gewesen, an der Wirksamkeit dieser Schenkung bestünden deshalb erhebliche rechtliche Bedenken, wie Genzkens Erwachsenenvertreter der Wiener Zeitung bestätigte.

Museen

Die Museumsschließungen in China halten an. Was steckt dahinter, fragt Lisa Movius in "The Art Newspaper". "'Es fühlt sich an wie ein Boom-and-Bust-Prozess, der die allgemeine wirtschaftliche Situation widerspiegelt', sagt Colin Chinnery, ein Künstler und Kurator, der in diesem Jahr das Sound Art Museum in Peking mitbegründet hat. 'Die meisten privaten Kunstinstitutionen haben kein solides Finanzmodell, vor allem wenn sie von einer Muttergesellschaft abhängig sind, die ihre Rechnungen bezahlt. Das derzeitige Modell scheint auf der Prämisse der sieben fetten Jahre zu beruhen, ohne die mageren Jahre zu berücksichtigen, die unweigerlich folgen.'"

Der Kunsthistoriker Peter Kropmanns beleuchtet in der "taz" ein möglicherweise "schräges Symptom der Provenienzforschung": Musste der Ankauf von Auguste Herbins 1907 entstandenem Porträt des Schriftstellers Erich Mühsam durch die Neue Nationalgalerie wirklich scheitern? "Zwei Jahre war das Porträt jetzt dort zu sehen. Das hätte die Möglichkeit geboten, den Ankauf des Bildes zu regeln." Doch das sei versäumt worden. "Das Mühsam-Porträt könnte zwischen 1930 und 1958 dubiose Wege gegangen sein, dieses Restrisiko besteht. Aber es ist sehr gering", meint Kropmanns.  

Interview

Wim Wenders wollte eigentlich selbst Maler werden, das hat der Regisseur bei seinem neuen Film über Anselm Kiefer für sich selbst gelernt: "Ich kriege jedes Mal einen Stich ins Herz, wenn ich eine leere Leinwand sehe, eben nicht im Kino, sondern in einem Maleratelier", sagt er im Interview mit Hella Kemper und Katja Nicodemus in der "Zeit". Allein schon wenn ich die Farben rieche. Und dann habe ich an Anselm noch etwas entdeckt: die Alternative zu meinem Bloß-weg-hier! Dafür achte ich ihn ungemein: für all die Dinge, denen er sich ausgesetzt hat, um in Deutschland als Künstler gegen das Vergessen anzukämpfen!" Ein ausführliches Interview mit Wim Wenders lesen Sie auch in der aktuellen Ausgabe von Monopol.

Claire Koron Elat spricht für das Magazin "032c" mit Mohamed Almusibli, der 2019 den Projektraum Cherish in Genf mitbegründet hat, und zwar in einer WG: "Die Wohnung wurde zu einem Ort, an dem eine Gemeinschaft entstand. Die Beziehungen, die wir zu den Künstlern, mit denen wir gearbeitet haben, aufgebaut haben, gehen in der Regel über eine einzelne Ausstellung hinaus. Einige der Künstler zogen schließlich sogar ein."