Medienschau

"An Gerhard Richter kommt keiner vorbei"

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Gerhard Richter bleibt im "Kunstkompass" wichtigster Künstler, Hausbesuch bei Sammler Christian Boros in der Uckermark und der "Informationsdienst Kunst" wird eingestellt: Das ist unsere Presseschau am Freitag

Ranking

Der Kölner Maler Gerhard Richter (91) wird im Ranking "Kunstkompass" weiterhin als der weltweit wichtigste Künstler geführt  - seit nunmehr 20 Jahren. Der seit 1970 bestehende "Kunstkompass" wird jährlich von der Kunstjournalistin Linde Rohr-Bongard aus Köln erstellt und erscheint im Magazin "Capital". Bewertet und mit Punkten gewichtet werden unter anderem Ausstellungen in über 300 Museen, Rezensionen in Fachmagazinen, Ankäufe führender Museen und Auszeichnungen. Verkaufspreise und Auktionserlöse werden dagegen nicht berücksichtigt. Der "Kunstkompass" erfasst den Angaben zufolge mehr als 30.000 Künstler. An Gerhard Richters andauernder Spitzenposition im Ranking der lebenden Künstler sei aufgrund seines großen Punktevorsprungs nicht zu rütteln, sagt Rohr-Bongard. "An Gerhard Richter kommt keiner vorbei. Und vermutlich wird das auch so bleiben." Mit Ausstellungen wie "100 Werke für Berlin" in der Neuen Nationalgalerie habe er auch in diesem Jahr wieder ordentlich Punkte zugelegt und seinen Vorsprung uneinholbar ausgebaut. Auch die nächsten Ränge sind unverändert: Auf Platz zwei bleibt der US-Konzeptkünstler Bruce Nauman (81), dahinter folgen die beiden Deutschen Georg Baselitz (85) und Rosemarie Trockel (70). Platz fünf belegt die US-Künstlerin Cindy Sherman (69). Es schließen sich an: der in Wuppertal lebende Brite Tony Cragg (74), bekannt für seine abstrakten Skulpturen, der in Berlin wirkende dänische Installationskünstler Ólafur Elíasson (56), der deutsche Maler und Bildhauer Anselm Kiefer (78), der mehrfache Documenta-Teilnehmer William Kentridge (68) aus Südafrika und der minimalistische deutsche Maler Imi Knoebel (81). Die Liste der "Stars von morgen" - Künstler jenseits der Top 100, die den größten Punktezuwachs hatten - wird dieses Jahr angeführt von der Japanerin Yayoi Kusama (94 ... wie alt muss sie werden, um der Kategorie "Star von morgen" zu entkommen?), dem in Berlin lebenden dänischen Bildhauer Jeppe Hein (49) und dem Briten Sir Isaac Julien (63), der sechs Jahre als Professor an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe tätig war. Beim Extra-Ranking der verstorbenen Künstler steht wieder Pop-Art-Künstler Andy Warhol (1928-1987) an der Spitze, nachdem er im vergangenen Jahr kurzzeitig Joseph Beuys (1921-1986) verdrängt worden war (diesmal Platz 2). Drittplatzierter ist wieder der Kölner Maler Sigmar Polke (1941-2010), gefolgt von der französisch-amerikanischen Bildhauerin Louise Bourgeois (1911-2010) und dem Deutschen Martin Kippenberger (1953-1997).

Kunstmarkt

Eine gedämpfte Stimmung beobachtet Susanne Schreiber bei den Previewtagen der Kunstmesse Paris+ par Art Basel: "Mittags am ersten VIP-Tag bildeten sich am Einlass nur kleine Warteschlangen", schreibt sie im "Handelsblatt". "Kein Vergleich zu dem gewaltigen Ansturm hochgestimmter Sammlerinnen und Sammler vor einem Jahr. Eine wichtige französische Galeristin bestätigte das Fernbleiben etlicher US-Sammler. Und so sah man ein paar Galeristen starr mit ihrer Mannschaft um den Sofatisch sitzen und mit dem Handy spielen."

Hausbesuch

Daniel Erk hat für "Capital" den Kunstsammler Christian Boros besucht, aber nicht in im Penthouse auf dem Dach seines umgebauten Bunkers in Berlin-Mitte, sondern im Wochenend-Domizil in der Uckermark, in dem natürlich einige Kunst zu sehen ist. "Seit zehn Jahren verbringt Boros die Tage zwischen Freitag und Montag hier, am Ende eines Feldwegs in der Uckermark. Die drängende Frage lautet: Was sucht ein Unternehmer und Ruheloser, ein Kunst- und Kopfmensch wie Christian Boros ausgerechnet hier, auf dem Land?"

Kunstberichterstattung

Nachdem der Berliner Lindiger + Schmid Verlag  im Sommer die "Kunstzeitung" eingestellt hat, erschien nun diese Woche die letzte Ausgabe des "Informationsdienst Kunst", den Gabriele Lindinger und Karlheinz Schmid alle 14 Tage als getackerten A4-Branchenbrief an ihre Abonnenten (Jahresabo 296 Euro) verschickten. Matthias Ehlert von der "Weltkunst" hat das Gründerduo dazu gesprochen. Seltsamerweise wird darin gar nicht die Digitalisierung des Journalismus erwähnt, stattdessen bringt Karlheinz Schmid seine Entfremdung vom Kunstbetrieb zum Ausdruck: "Quantitativ ist es hochgegangen, qualitativ ist es runtergegangen. Die Kunstfamilie ist sehr viel größer geworden, aber die Auseinandersetzung mit der Kunst selbst hat massiv abgenommen. Daran scheinen immer weniger Leute interessiert zu sein. Es geht eigentlich nicht mehr wirklich um Kunst, sondern um all die anderen Fragen, die uns gesellschaftlich bewegen. Das ist auch in Ordnung so, aber da ich aus einer anders geprägten Generation komme, sehe ich da schon einen gewissen Verlust."