Radiobeitrag

Wem gehört die Banane?

Der Künstler Maurizio Cattelan schlägt sich gerade mit zwei juristischen Auseinandersetzungen herum. Beides Mal geht es um Fragen der Urheberschaft - und um die spitzfindigsten Fragen der Kunst. Monopol-Redakteurin Silke Hohmann ordnet auf Detektor FM ein

Eigentlich was es schon immer so: Dieser Künstler klaut, er lügt, er gibt fremde Werke als seine eigenen aus. Maurizio Cattelan ist ein Sünder, schrieb sein Freund und Gefährte Massimiliano Gioni einmal. Und wie jeder Sünder beteuert der 1960 in Padua geborene Künstler seine Unschuld. Und wer ohne Sünde sei, heißt es ja in der Bibel, der werfe den ersten Stein. Cattelan warf ihn auf den Papst.

"La Nona Ora" schlug ein wie eine vom Antichrist persönlich abgefeuerte Bombe. Cattelan hatte eine Wachsfigur von Papst Johannes Paul II. machen lassen, im vollen Ornat niedergestreckt von einem Meteoriten. Die katholische Kirche war schockiert, Kritikern blieb das Lachen im Hals stecken. In Warschau, ausgerechnet dort, wo das Werk in der Nationalgalerie gezeigt wurde, haben Politiker versucht, den Stein zu entfernen und Karol Wojtyła wieder auf die Beine zu stellen. Ein guter  Cartoon, ohne Frage. Aber auch ein Meisterwerk? 

Um "La Nona Ora" und das nicht weniger provozierende Werk "Him", die Statue eines betenden Miniatur-Hitlers, gab es jetzt eine juristische Auseinandersetzung. Vor einigen Monaten verklagte der französische Bildhauer Daniel Druet, bei dem Cattelan mehrere seiner Werke in Auftrag gegeben hat, Cattelans Galeristen Emmanuel Perrotin und die Monnaie de Paris, das Museum, in dem 2016 eine Cattelan-Ausstellung zu sehen war. Der Bildhauer wollte als alleiniger Urheber der Werke anerkannt werden und verlangte von Perrotin eine Entschädigung von 6 Millionen Euro. Das Pariser Gericht lehnte den Antrag von Druet jedoch vergangene Woche ab und betonte unter anderem, dass die Klage "unzulässig" sei, da er Cattelan nie verklagt habe.

Auch Ärger um die berühmte Banane

Während dieser Fall für Cattelan abgeschlossen ist, steht neuer Ärger an: Diesmal geht es um die Arbeit "Comedian", einemit grauem Klebeband an die Wand geklebte Banane 2019 am Stand von Perrotin auf der Art Basel / Miami Beach. Der Künstler Joe Monford hat Cattelan verklagt, weil er darin eine Kopie seines Werkes "Banana & Orange" sieht. Anders als in Paris lehnte das Gericht in Miami jedoch Cattelans Antrag auf Abweisung von Morfords Klage ab, da "Comedian" eine erhebliche Ähnlichkeit mit "Banana & Orange" aufweise. Morford meldete das Werk, das zur Serie "Sculptures: Still Life" gehört, im Jahr 2000 beim US-Urheberrechtsamt an.

Obwohl die Anwälte von Cattelan darauf hinwiesen, dass sich Monfords gesamtes Werk formal von "Comedian" unterscheidet, konterte Richter Robert N. Scola Jr. mit der Feststellung, dass die Banane in "Banana & Orange" eine "herausragende Stellung" einnimmt. Cattelans Gegenargumente waren wenig hilfreich: Die von Monford verwendete Banane sei synthetisch, während seine Banane echt sei, und das Anbringen von Klebeband an einer Banane sei an sich keine Handlung, für die ein Urheberrecht beansprucht werden könne: "Auch wenn die Verwendung von silbernem Klebeband, um eine Banane an der Wand zu befestigen, vielleicht nicht das höchste Maß an Kreativität darstellt, so erfüllt ihr absurder und farcenhafter Charakter doch das 'Mindestmaß an Kreativität', das erforderlich ist, um als originell zu gelten", antwortete der Richter. 

Monopol-Redakteurin Silke Hohmann kommentiert beide Fälle im Gespräch mit Detektor FM. Sie können das Interview direkt hier nachhören, wenn Sie "Inhalte aktivieren" klicken: