Zwischen 1975 und 1982 hatte sie ihre Leinwände ausschließlich liniert, so fein, dass es wie eine vibrierende textile Struktur aussah. Wer dabei an Agnes Martin denkt, mag richtig liegen, aber die Fixsterne der Belgierin Marthe Wéry lagen weiter in der Vergangenheit (Malewitsch, Mondrian) und im Osten (Władysław Strzemiński). Als sie 1982 in Venedig den belgischen Pavillon bespielt, stellt sie plötzlich nur vertikale Tafeln in tiefen Rottönen in die Architektur und erreicht das nächste Niveau: von der Geometrie des Bildes in die des Raumes hinein.
Die Minimalistin Marthe Wéry lebte als Professorin vom Kunsthandel unabhängig, 2005 starb sie. Jetzt kann ihr faszinierend konsequentes Werk bei Barbara Gross wiederentdeckt werden, auch auf der Art Cologne. In ihrer letzten Werkphase weicht die Rigorosität der Anarchie: Schüttungen und Farbbäder übergeben an den Zufall, die Qualität bleibt. Das höchste Level ist erreicht.