Die Straße von Hormus ist gerade nicht unbedingt der erste Ort, der einem für einen luxuriösen Urlaub vorschwebt. In der Meerenge zwischen dem Persischen Golf und dem Golf von Oman spitzt sich derzeit der Konflikt zwischen dem Iran und dem Westen zu, die USA und Großbritannien fürchten eine Blockade des Schiffverkehrs. Doch neben Handelsfrachtern und Öltankern passieren auch zahlreiche Kreuzfahrtschiffe das Gebiet auf ihrem Weg durch die Golfregion. Das politisch instabile Gebiet ist gleichzeitig Transit-Ort für Tourismus-Träume.
2020 soll sogar noch eine besonders künstlerische Kreuzfahrt dazu kommen. Zusammen mit der Luxus-Reederei Ponant steigt der Pariser Louvre 2020 ins Cruise-Geschäft ein. Die neuntägige "Schätze des Persischen Golfs"-Tour (je nach Kabine 4.600 bis 10.000 Dollar) führt von Maskat in Oman über Abu Dhabi nach Dubai.
Die Anbieter versprechen Louvre-Personal und Kunstvermittlung an Bord und kulturelle Ausflüge an Land. Sicher nicht ganz zufällig liegt auch der Museumsableger Louvre Abu Dhabi auf dem Weg. Sicherheitsbedenken wegen der angespannten Lage in der Region wiegelt Ponant derzeit ab. Man habe Experten an Bord und arbeite eng mit den Behörden zusammen, heißt es. Das Kreuzfahrtschiff als Hochsicherheitstrakt, das sich von der Welt draußen nur marginal beeindrucken lässt.
Allein im Louvre für 30.000 Euro
Museen sollen im Moment eine ganze Menge sein: Aufarbeiter von Kolonialgeschichte, Nachhaltigkeits-Vorreiter, Kunstkanon-Erweiterer und Seelenheil-Förderer. Vielleicht alles ein wenig viel auf einmal, aber die moralischen Ansprüche an Kunsthäuser wachsen - und umso überraschender ist es, wenn eines der weltweit renommiertesten Museen sein kulturelles Kapital in den Dienst des Luxus-Tourismus stellt.
Obwohl der Louvre historisch eng mit den Idealen der französischen Revolution verbunden ist (ein Königspalast wurde damals zum öffentlichen Museum für das Volk), zeigt das Haus immer wieder seinen Hang zur feudal anmutenden Dekadenz. Durch eine französische Agentur können Urlauber mit großzügigem Ferienbudget für gut 30.000 Euro den Louvre bei Nacht ganz für sich allein mieten. Mit dem Unternehmen Airbnb verloste das Museum eine Nacht mit der Mona Lisa. Und auch der Videodreh von Beyoncé und Jay-Z, der einerseits den europäischen Imperialismus des Museums unterwanderte, sandte nebenbei eine eher kapitalistische als inklusive Botschaft: Alles ist möglich, wenn man nur berühmt und reich genug ist. Wenn Abu Dhabi den Ausbau des Pariser Prachtbaus bezahlt, bekommt Abu Dhabi eben auch einen Louvre, und von Menschenrechtsverletzungen und Bauarbeiter-Sklaven hat man nie gehört.
Venedig, serviert ohne Gewissensbisse
Insofern sind die Louvre Cruises ein weiterer Fall von Schwerhörigkeit in aktuellen Kunstdebatten - noch dazu, wenn es eine zweite Route namens "Kulturelle Juwelen der Adria" gibt, die ausgerechnet in die Kreuzfahrt-gebeutelte Stadt Venedig führt. Die "Lyrial" mit 122 Kabinen ist kleiner als die Megakreuzer, die die Kirchtürme mühelos überragen und mit denen es in den vergangenen Wochen gleich zwei Fast-Unfälle gab. Aber Venedig ist der perfekte Symbolort, an dem der Verschleiß von kulturellem Erbe durch den Konsum dieser Kultur sichtbar wird.
Das Museum ist in diesem Fall eben kein Anstoß-Ort für Diskussionen, sondern eine Legitimierung für das, was bei den meisten inzwischen für gehobene Augenbrauen sorgt. Culture Washing nennt man das auf englisch, an Bord kann man dann gleich noch über die Verantwortung der Kunst diskutieren. Ist ja kein Luxus-Umweltsünden-Tourismus. Ist ja Kultur. Ist ja Louvre.
Die Kombination von Glamour und Kultiviertheit ist für viele unwiderstehlich. Es füllt die Leere des teuren Dahinschipperns mit Bedeutung. Man darf sich den kunstlos Sonnenbadenden überlegen fühlen und eine perfekte Inszenierung der Erlebnis-Ökonomie genießen. Die Mona Lisa als Galionsfigur am Luxusdampferbug? Klingt dann gar nicht mehr so abwegig. Der "Salvator Mundi" von Leonardo da Vinci, der eigentlich längst im Louvre Abu Dhabi hängen müsste, soll sich ja schließlich auch auf einer saudischen Yacht befinden.