Die Schatten sind lang in LA, und Christian Werners Fotos von der kalifornischen Metropole sind menschenleer. Bären, Hunde und Adler aus Beton und aus Bronze, mal ein Detail eines knallroten Samtsofas oder ein verlassener Pool: Werners Bilder gehen ganz nah dran, seltener sind sie weit weg und zeigen verlassene Landschaften mit Autobahnbrücken.
"Los Angeles, give me some of you", heißt es im Motto, das dem Buch vorangestellt ist. Es stammt von dem amerikanischen Schriftsteller und Drehbuchautor John Fante. Offenbar will jeder etwas von dieser Stadt. Erwartungen, genährt von müde gewordenen popkulturellen Referenzen. Kunstledersitze im Diner, ein offener Kühlschrank mit angebrochenen Soßenflaschen, ganz oben Filmrollen. Wolkenkratzer, dann wieder Wüste, die Insignien vom Überfluss und vom amerikanischen Traum. Die Palmen mit hängenden Blättern lassen vermuten: Die Bilder sollen die Schwere zeigen, als hätte die Stadt ihre besten Tage hinter sich, und ihre Spuren sind noch überall zu sehen.
Am Ende des Buches stehen Interviews von Tom Kummer. Und wer könnte besser über die Melancholie von Los Angeles schreiben als der Schweizer, der vom Tennistalent zum Journalisten in Kalifornien wurde, dann in Ungnade fiel, weil er deutschen Magazinen ausgedachte Interviews verkauft hat, der schließlich Tennislehrer wurde und mittlerweile als Romanautor in der Schweiz lebt? Wahrscheinlich sind die Gespräche Bewohnern der Stadt, mit denen der Band abschließt, auch ausgedacht. Mit einer Polizeioffizierin spricht er darüber, wie sich die Stadt nur durch einen Schleier von Fiktionen betrachten lässt, mit einem Tennistrainer spricht er über Roland Barthes und mit der Tochter einer Star-Stylistin über die Zukunft. Sie lesen sich wie dialektische Selbstgespräche mit verteilten Rollen und erzählen von der Schwermut dieser Stadt.