Als Udo Kittelmann seine Position als Direktor der Nationalgalerie Berlin kündigte, kam schnell die Frage nach seiner möglichen Nachfolge auf. Wer würde diesen schwierigen Job machen können und die Alte und Neue Nationalgalerie, den Hamburger Bahnhof als Museum für Gegenwartskunst plus noch die Friedrichswerdersche Kirche, die Sammlungen Berggruen und Scharf-Gerstenberg und das im Bau befindliche Museum der Moderne leiten können – und zwar innerhalb des Museumstankers Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), dem gerade erst ein Gutachten haarsträubende Mängel attestiert hat?
Kittelmann selbst hatte über die Gründe für seinen vorzeitigen Abgang zunächst höflich geschwiegen und erst kürzlich gegenüber der "tageszeitung" bestätigt, was jede Beobachterin vermutete, nämlich "Dysfunktion und Intransparenz". Er habe für sich und seine Mitarbeiter keinen ausreichenden Handlungsraum mehr gesehen, um ihre Vision von Museum perspektivisch in die Zukunft zu führen.
Kittelmanns Job war unter anderem deswegen so kompliziert, weil er zwar einerseits jede Menge Museen zu bespielen hatte, aber andererseits dabei gar nicht frei agieren konnte – unter anderem deshalb, weil er noch einen Generaldirektor über sich hatte, mit dem die Chemie ganz offensichtlich nicht stimmte, nicht zu vergessen einen Stiftungspräsidenten mit ganz eigener Agenda. Dazu kam die legendäre Bürokratie der Preußenstiftung und die ebenso legendär kaputtgesparten Finanzen: Der jährliche Ankaufsetat der Nationalgalerie beispielsweise liegt bei 65.000 Euro, und ohne Drittmittel kann der Hamburger Bahnhof eigentlich gar keine Ausstellungen auf die Beine stellen.
Lieber drei Personen mit Durchblick
Nicht gerade eine attraktive Stellenausschreibung also – zumal der Umbau der SPK gerade erst sehr zögernd im Gang kommt. So wirkt die Lösung des Problems, die die Stiftung am Dienstagabend bekannt gab, plausibel: Die Stelle wird auf drei aufgeteilt. Zukünftig soll es eine Leitung für die Alte Nationalgalerie, eine für die Neue Nationalgalerie und das Museum der Moderne sowie eine für den Hamburger Bahnhof geben. Das ist weniger spektakulär als man zunächst denkt, schaut man auf die Historie der Konstruktion: Bis 2008, vor Kittelmanns Antritt, hatte Klaus-Peter Schuster als Generaldirektor der SPK gleichzeitig die Leitung der Nationalgalerie inne, und die einzelnen Häuser hatten außerdem ihre Einzeldirektoren, die der mit grandioser Geste auftretende Schuster allerdings immer beflissentlich in den Schatten stellte.
Die zukünftige Aufteilung der Stelle ist einerseits schade, denn die besten Ausstellungen der Gegenwart sind oft solche, die über die Grenzen von Epochen und Gattung hinausblicken und essayistisch auf ganz verschiedene Sammlungen zugreifen. Doch pragmatisch gesehen ist die Aufteilung des Jobs absolut sinnvoll – lieber drei Direktorinnen, die mit Konzentration bei der Sache sind, als eine, die den Überblick verliert.
An einen international renommierten Museumsmenschen von der Klasse eines, sagen wir, Max Holleins muss man zwar jetzt nicht mehr denken – aber das hätte man eh vergessen können, denn das Problem mit einer dysfunktionalen Struktur und einem über allem thronenden Generaldirektor, der die Autonomie der Museen einschränkt, ohne Impulse zu geben, bleibt ja bestehen. Da könnte erst Bewegung hineinkommen, wenn Michael Eissenhauer 2022 pensioniert wird. Nur die Leitung der Gemäldegalerie wird Eissenhauer zum Februar 2021 abgeben – der Job wird demnächst schon mal ausgeschrieben.
Wann die drei anderen Stellen besetzt werden sollen, wurde noch nicht verraten. Am gespanntesten darf man wohl auf die Ausschreibung zur Leitung des Hamburger Bahnhofs sein. Wir hätten schon mal einen Vorschlag: "Zeitgenössisches Museum in schwer sanierungsbedürftigem Gebäude mit unklarer Perspektive, kürzlich verlorener Großsammlung und der halben Ausstellungsfläche im Abriss sucht tapfere Chefin, die nicht viel Geld will und die Scherben aufkehrt."