Die spektakulären Kunstdiebstähle der jüngeren Vergangenheit - wie der Einbruch ins Dresdner Grüne Gewölbe - haben die Museen in Deutschland im Bereich Sicherheit umdenken lassen. Doch nicht nur um diese Taten geht es. "Wir stellen uns auf alle möglichen Gefährdungen ein", sagte der neue Sicherheitschef der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD), Ralph W. Krüger, der Deutschen Presse-Agentur. Da sei das Spektrum sehr breit. "Auf Naturkatastrophen wie Hochwasser oder Brände sind wir gut vorbereitet, da gibt es Einsatzakten und Übungen mit Polizei und Feuerwehr, die nötigen Prozedere sind eingespielt."
Anderseits gebe es Folgen der weltpolitischen Lage wie Terroranschläge, Aktionismus im Namen des Klimas oder anderweitige Zerstörungen. "Die können auch Museen betreffen, nicht nur Weihnachtsmärkte." Und auch sonstige Kriminalität entwickle sich weiter.
"Was momentan im Bereich öffentliche Sicherheit ansteht, wird analysiert und ausgewertet", sagte Krüger. Dazu kämen gründliche Recherche und die Vernetzung mit anderen großen Museen, auch international. "Wir sind da nicht allein, schauen, was machen die anderen, wie ist die aktuelle Kriminalitätslage." Da gehe es um die Frage, ob man personell und technisch gut ausgestattet sei. Auf dem Markt gebe es schon standardisierte Software dazu für die Dienstplanung oder Alarmierungsketten und passende Module.
SKD in Sachen Sicherheit "relativ weit oben"
Dennoch sei jede Einrichtung individuell. Die SKD sei in Sachen Sicherheit auf einer Skala von 0 bis 100 "relativ weit oben", sagte er. Es bleibe immer ein Restrisiko, "das wir einfach nicht abdecken können und wollen". Der monetäre Aufwand wäre immens hoch, um diese Lücke zu schließen. "Das heißt, die letzten zehn Prozent tragen wir alle mit."
Krüger, der das neu geschaffene Amt des SKD-Sicherheitschefs am 1. Juli dieses Jahres übernommen hatte, setzt vor allem auf Kooperation mit Behörden und Institutionen. So werden "Realtests" mit dem Museumspersonal gemacht zu möglichen Szenarien. Und auch die neuen Außenstreifen, die nachts mit Hunden unterwegs sind um Residenzschloss, Zwinger und Albertinum, würden trainiert.
Laut Krüger werden manche Maßnahmen standardisiert festgeschrieben - als klare Handlungsanweisung im Ernstfall. Mittelfristig sollen Checkliste und Entscheidungsvorschläge elektronisch abrufbar sein. Auch mit Künstlicher Intelligenz werde experimentiert, um im Ernstfall die Reaktionszeiten kurz zu halten.
Einbruch ins Grüne Gewölbe "heute nicht mehr möglich"
"Wir wollen aus der Endlosschleife November 2019 raus, schauen nach vorn und passen uns der Situation in den Museen und der aktuellen Lage immer wieder an", resümiert Krüger den neuen Kurs. Das Sicherheitskonzept für die 15 Museen sei nun dreistufig: ein generelles für den Verbund, objektbezogen für jedes Museum und anlassbezogen. Neben Aufsichten mischen sich verdeckte Zivilkräfte unter Museumsbesucher. So, wie der Einbruch ins Historische Grüne Gewölbe im November 2019 abgelaufen sei, "wäre er heute nicht mehr möglich", versicherte der frühere Vizepräsident der Bundespolizeidirektion Berlin.
Der Kunstdiebstahl aus dem Schatzkammermuseum am 25. November 2019 gilt als einer der spektakulärsten in Deutschland. Die Täter erbeuteten 21 Schmuckstücke aus Diamanten und Brillanten und verursachten über eine Million Euro Schaden, als sie einen Stromverteilerkasten in der Altstadt und ein Fluchtauto in der Tiefgarage eines Wohnhauses in Brand setzten, um Spuren zu verwischen. Als Täter wurden fünf junge Männer aus dem Berliner Remmo-Clan zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.
Eigene Sicherheitsabteilung
Die SKD haben inzwischen eine eigene Sicherheitsabteilung, die Wachleute einer privaten Sicherheitsfirma sind durch Personal ersetzt, das angestellt wird. "Training und alles was damit zusammenhängt liegt jetzt in unseren Händen", sagte Krüger. Künftig werde es nur eine große Leitzentrale geben, womöglich außerhalb des Museums. "Dank der Technik muss sie heute nicht mehr unmittelbar vor Ort sein." Die Wachleute sollen im Ernstfall nicht mehr selbst eingreifen, ihren Platz nicht verlassen und nur Alarme bearbeiten.
Bei der Suche nach diesem Personal könne man mit einer Anstellung im öffentlichen Dienst und damit verbundenen Zulagen für die Arbeit in Schichten, an Sonn- und Feiertagen punkten. "Da ist man sozial deutlich bessergestellt als draußen." Viele, die sich bewerben, haben laut Krüger eine hohe Identifikation mit den Museen und der Aufgabe. "Den sächsischen Staatsschatz zu bewachen, scheint noch attraktiv zu sein."