Künstliche Intelligenz ist für Experten des Kunst- und Kulturbetriebs kein Schreckgespenst, sondern inzwischen ein Hoffnungsträger, um etwa neue Zielgruppen anzusprechen. KI werde sich weiter entwickeln und erfordere auch im Kulturbereich entsprechende Kompetenzen der Akteure, stellt der Kulturrat NRW in einem schriftlichen Bericht für eine Sachverständigenanhörung am Donnerstag im Landtag fest.
Im Marketing etwa könne Künstliche Intelligenz Zielgruppen, Reichweiten und Akzeptanz berechnen, so der Kulturrat. Mit KI oder auch Virtual Reality-Technologien wie AR-Brillen könnten Museen, Theater und Künstler virtuelle Räume erschaffen, in denen Besucher Kunstwerke, historische Stätten und Galerien erkunden könnten. KI könne individualisierte Informationen zu Exponaten bereitstellen, neue Elemente in Rundgänge einbauen und dabei multisprachlich agieren. Solche interaktiven Ausstellungen und Installationen sprächen auch neue Zielgruppen an.
Der Kulturrat ermutigte Kunsthochschulen zu einem verstärkten Engagement im Bereich der Künstlichen Intelligenz und schlug die Schaffung eines fächerübergreifenden "Kompetenzzentrums KI in Kunst und Kultur" vor.
Überwältigende neue Datenbilder
So erschafft der international gefeierte Künstler Refik Anadol mit Künstlicher Intelligenz überwältigende monumentale Datenbilder. In Theatern und Opern kommen immer öfter AR-Brillen zum Einsatz, die den Zuschauern zusätzliche Informationen, neue Kameraperspektiven oder auch animierte Bildwelten bieten. Bei der Restaurierung von Kunstwerken kann KI helfen, beschädigte oder verblasste Kunstwerke digital zu rekonstruieren.
Insgesamt erweitere KI die künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten und eröffne neue Wege auch für die Interaktion zwischen Kunstschaffenden und Publikum, so Marcus Lobbes, Direktor der Akademie für Theater und Digitalität Dortmund. Allerdings müsse "eine ausgewogene Balance zwischen technologischer Innovation und der Bewahrung der menschlichen Kreativität und Authentizität" gefunden werden.
Zugleich fordern der Kulturrat sowie weitere Sachverständige eine Kennzeichnungspflicht und einen Rechtsrahmen für KI-Inhalte. So sollen in der Europäischen Union (EU) künftig strengere Regeln für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz gelten. Darauf hatten sich Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten im Dezember verständigt. Nach Angaben des EU-Parlaments handelt es sich um das weltweit erste KI-Gesetz, das auf den Weg gebracht werden soll.
Rechtsrahmen für Künstliche Intelligenz
Als eine zentrale Herausforderung sieht die Kulturpolitische Gesellschaft das Fehlen von Übereinkünften zur Bezahlung oder von Bezahlmodellen für geistiges Eigentum im Sinne des Urheberrechts, das für KI verwendet wird.
Künstliche Intelligenz ist nach einer Definition des Europaparlaments die Fähigkeit einer Maschine, menschliche Fähigkeiten wie logisches Denken, Lernen, Planen und Kreativität zu imitieren. KI-Systeme sind demnach in der Lage, ihr Handeln anzupassen, indem sie die Folgen früherer Aktionen analysieren und autonom arbeiten.
Das Generieren von täuschend echten "Deepfakes" - etwa des Bildes des Papstes mit hipper Balenciaga-Jacke - hat nach Darstellung der Professorin Pamela Scorzin vom Fachbereich Design der Fachhochschule Dortmund schon lange das Netz erobert. KI-Bildgeneratoren könnten in wenigen Sekunden Textanweisungen oder vorhandene Bilder in neuartige Werke oder Stile verwandeln. "KI ist allgegenwärtig in unserem Alltag und 'unsichtbar' in vielen Kommunikationswerkzeugen wie Smartphones eingebettet", schreibt Scorzin.
Kultur fit machen für KI
Dabei stellten sich Fragen zur Autorenschaft und zum Copyright. Scorzin plädierte dafür, nicht gleich die Rufe nach Verboten oder Restriktionen an erste Stelle treten zu lassen, sondern auch neue Geschäftsmodelle und Entwicklungspotenziale mit KI-basierten Werkzeugen aufzuzeigen.
Für Deutschland sehen Experten im Vergleich zu anderen Ländern beim Umgang mit Künstlicher Intelligenz noch Nachholbedarf. Die Kulturpolitische Gesellschaft forderte Fortbildungen zu Möglichkeiten und Techniken der KI, aber auch zum Urheberrecht sowie zu Persönlichkeits- und Nutzungsrechten. Kritisch begleitet werden müssten auch der Wegfall von Arbeitsplätzen sowie finanzielle Einbußen durch KI. Einig sind sich die Fachleute darin, dass die Medienkompetenz zum Erkennen von KI-erzeugten Inhalten in Text, Bild und Ton durch Bildungsangebote verstärkt