Der Streit um die Berliner Volksbühne und ihren neuen Intendanten Chris Dercon eskaliert: Aktivisten haben am Freitagnachmittag das Theater am Rosa-Luxemburg-Platz besetzt. Sie wollten dort für zunächst drei Monate bleiben und ein eigenes Programm erstellen. Vor das Theater hängten sie ein Transparent mit dem Schriftzug "Doch Kunst" und verschlossen einige Türen des Gebäudes mit Ketten und Schlössern.
In dem Haus solle ein neues "Anti-Gentrifizierungszentrum" entstehen, kündigte eine Sprecherin der Besetzer an. Die Aktivisten riefen ehemalige Mitglieder der Volksbühne zum Mitmachen auf. Berlin sei in den vergangenen Jahr der "Verwertung des Kapitals" ausgesetzt worden.
Mehrere Hundert Menschen verfolgten das Statement im Foyer vor Ort. Es gehe nicht um die Personalie Chris Dercon. Der könne in der zweiten Spielstätte der Volksbühne am Tempelhofer Flughafen bleiben. Im Gebäude der Volksbühne solle hingegen ein "Parlament der Wohnungslosen" entstehen.
Auf einem Flugblatt bezeichneten sich die Besetzer als Künstlerkollektiv "Staub zu Glitzer" und kündigten die "dauerhafte Übernahme des Hauses als eine darstellende Theaterperformance" an. Das Kollektiv verstehe sich selbst als feministisch, queer und antirassistisch, berichtet der "Tagesspiegel". Gewalt und Militanz lehne die Gruppe ab, schreibt das Blatt. In den kommenden drei Monaten sei ein Programm unter anderem aus Gastspielen, Festivals und Tagungen geplant. Zur Umsetzung ihrer Ziele hätten die Besetzer einen Verein und eine Stiftung gegründet. 48 Menschen hätten die Aktion seit Monaten geplant.
Am Freitagabend wollen die Besetzer im Roten Salon der Volksbühne eine Party feiern. Die Polizei und Vertreter der Berliner Kulturverwaltung waren vor Ort. Ein Sprecher der Volksbühne war zunächst nicht für eine Stellungnahme erreichbar. Eine reguläre Vorstellung war am Abend an der Bühne nicht geplant.
Am Theater schwelt seit Monaten ein Streit um den Kurs des neuen Intendanten Chris Dercon, der als Nachfolger des langjährigen Chefs Frank Castorf im August das Haus übernahm. Kritiker befürchten, dass die Volksbühne zu einem kommerzialisierten Eventtheater umgestaltet werden könnte.