Wie weit die Demokratisierung der Kunst gehen kann und wo der Kommerz einsetzt, war eine Frage, die Keith Haring intensiv beschäftigt hat. Der Künstler erinnerte sich im Interview mit seinem Biografen, dass es ihn irritierte, als nach seiner ersten Galerieausstellung 1982 sein Werk plötzlich bei Sammlern populär wurde und die Preise stiegen. "Diese Preise bedeuteten, dass nur reiche Leute Zugang zu meinem Werk hatten."
1986 eröffnet Haring deshalb den "Pop Shop": einen Laden in SoHo, in dem er T-Shirts, Hoodies, Buttons, Poster und anderes Merchandise verkaufte. Er sollte die Kids aus der Bronx genauso erreichen wie die reichen weißen Kunstleute. Nicht zuletzt reagierte Haring damit auf Fälschungen, die ab 1983 überall auftauchten: "In Australien sah ich meine Motive auf T-Shirts. In Japan entdeckte ich Keith-Haring-T-Shirts und Poster. In Europa sah ich Graffiti von meinem Baby und dem Hund. Meine Erfindungen hatten Eingang gefunden in die Volkskultur, ob es mir passte oder nicht. Das Zeug war zu einer Art internationalem Vokabular geworden, von dem jeder Gebrauch machen durfte."
Anstatt sein Copyright durchzusetzen, beschloss Haring, einfach besseres Merchandise zu produzieren als die Fälscher. Und suchte sich Rückversicherung beim anerkannten Meister des Pop. "Ich habe oft mit Andy Warhol über den 'Pop Shop' diskutiert, und er war voll und ganz dafür, dass ich den Sprung wagen und mich nicht daran stören sollte, was die Leute dachten – Hauptsache, ich wusste, warum ich es tat", sagte Haring später.
Jetzt hat die britische Schuhmarke Dr. Martens mit dem Haring-Nachlass der Merchandise-Palette noch einige Produkte hinzugefügt. Ab nächster Woche gibt es Boots, Halb- und Kinderschuhe mit All-Over-Prints und einzelnen Figuren wie dem beliebten bellenden Hund oder Harings Engel.
Die in Jugendkulturen wie der Punk und Skinheadszene gefeierte Marke Dr. Martens hatte bereits kürzlich eine Kollaboration mit dem Nachlass von Jean-Michel Basquiat vorgestellt. Währenddessen hat auch der japanische Brand Uniqlo, die schon länger sowohl mit dem Nachlass von Basquiat als auch mit dem von Haring zusammenarbeitet, neues Haring-Merchandising vorgestellt: Die jüngste, aus zehn Teilen bestehenden Kollektion ist ein Tribut an den "Pop Shop" in Tokio.