Kurz vor Eröffnung

Jugendzentrum sagt Humboldt Forum wegen Kolonialgeschichte ab

Pyrotechnik am Rande einer Demonstration unter dem Motto "Gegen den Mietenwahnsinn — jetzt erst recht!" aus den Fenstern des Jugendzentrums Potse
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Pyrotechnik am Rande einer Demonstration unter dem Motto "Gegen den Mietenwahnsinn — jetzt erst recht!" aus den Fenstern des Jugendzentrums Potse

Eines von zwei Berliner Jugendzentren hat kurz vor Öffnung der ersten Ausstellung die Zusammenarbeit mit dem Humboldt Forum beendet

Das selbstverwaltete Zentrum Potse hatte zusammen mit dem benachbarten Zentrum Drugstore einen Bereich im "Freiraum"-Teil der "Berlin Global"-Ausstellung zur Geschichte der Jugendzentren gestaltet. Begründet wurde der Schritt in einer Stellungnahme am Freitag mit dem Umgang im Forum mit europäischer Kolonialgeschichte und Raubkunst. In "naivem Glauben", dass sich bis zur Eröffnung der Ausstellung eine Lösung finde, habe das Kollektiv der Teilnahme zugestimmt, hieß es.

Der Berlin-Teil des Humboldt Forums befasst sich in einem Teil kritisch mit der deutschen Kolonialgeschichte. Kunstwerke mit kolonialem Hintergrund sind dort nicht zu sehen. In den kommenden Monaten werden allerdings solche Objekte, etwa die als Raubgut geltenden Benin-Bronzen, in anderen Bereichen des 680 Millionen Euro teuren Zentrums für Kultur, Kunst und Wissenschaft ausgestellt.

"Unsere Arbeit war schon immer unkommerziell und anti-kapitalistisch. Mit dem Einzug einer Ausstellung in einen Nachbau eines ehemaliges Monarchenschloss würden unsere politischen Ideale und Wertvorstellungen kontrovers erscheinen", hieß es beim Potse-Kollektiv.

Das Drugstore-Zentrum hat sich gegen einen Ausstieg entschieden. Vermutlich würde man aktuell gegen eine Zusammenarbeit stimmen. "Zum heutigen Zeitpunkt jedoch sehen wir uns vor allem in der Verantwortung, den Raum für die Kritik daran zu nutzen, was im Humboldt Forum sowie in der Berliner Stadtpolitik schiefläuft, und uns nicht für die Imagepolierung des Humboldt Forums instrumentalisieren zu lassen", hieß es in einer eigenen Stellungnahme.

Der Direktor des Stadtmuseums und Chef-Kurator von "Berlin Global", Paul Spies, bedauerte den Rückzug. Da der zweite Teil des Kollektivs bleibe, werde sich an der Installation nichts ändern. "Wir verstehen, dass es Diskussionen gibt, aber wenn es um die Themen Kolonialismus und Rassismus angeht, gibt es zwischen uns keine Widersprüche, auch wir setzen uns in der Ausstellung sehr kritisch mit diesen Aspekten auseinander», sagte Spies. «Wir haben ihnen freie Hand gelassen und sind daher schon ein bisschen überrascht, dass ein Partner sich zurückzieht." Das werde aber selbstverständlich respektiert.

"Berlin Global" wird am Dienstag (20.7.) zusammen mit fünf anderen Ausstellungen eröffnet. Im Herbst dieses Jahres und in der ersten Hälfte 2022 folgen die restlichen Teile des Humboldt Forums.