"Abuse of power comes as no surprise." Machtmissbrauch ist keine Überraschung. So lautet einer der Sätze, die Jenny Holzer Anfang der 80er-Jahre über die Werbetafeln am New Yorker Times Square schickte. Mit ihren "Truisms", Binsenweisheiten, wurde die 1950 geborene Amerikanerin seitdem international berühmt.
Hozers Installationen wurden über die Jahre optisch immer aufwendiger. Die Texte veröffentlichte sie seit den späten 70ern in allen verfügbaren Erscheinungsformen, von der Gravur über den Druck bis zum digitalen Text. Sätze konnten als Schreibmaschinentext, in Stein gemeißelt, auf Plakaten und Kleidungsstücken auftauchen, sie huschten als Lauftext über elektronische Displays – oder werden in Riesenbuchstaben auf Gebäude projiziert.
Bis zum heutigen Samstagabend lässt Jenny Holzer "Truisms" auf Deutsch, Französisch, Englisch und Italienisch an das ikonische Palace-Hotel werfen, das wie ein Hort des Bösen im Berg über dem Schweizer Alpendorf Gstaad sitzt. Die Projektionen begleiten ihre Ausstellung der Galerie Hauser & Wirth am nahen Flugplatz Saanen. "Sich Dinge wegzuwünschen, ist nicht effektiv", steht an der Fassade des einst beim Jetset beliebten Schlosses. Oder: "Sie können durch Ihre Nachkommen weiterleben."
Jenny Holzer hat ihre "Truisms" an viele kulturell bedeutende Orte der Welt projizieren lassen, an die Spanische Treppe in Rom etwa oder den Louvre in Paris. Mit ihrem Werk probte sie so früh den direkten Eingriff in die Gesellschaft und festigte so über die Jahre ihre moralische Integrität. Hier im Luxusferienort wirken diese "Binsenweisheiten" allerdings dann doch ein wenig wie Urlaubsbespaßung.