Arte-Serie

Was ist Kunst?

Der Filmemacher Felix von Boehm und die Monopol-Redakteurin Silke Hohmann sind der Frage nachgegangen, wie Kunst entsteht. Die vierteilige Dokumentation "Ist das Kunst?" läuft jetzt auf Arte

Es waren zwei SPD-Mitglieder, die 1973 im Schloss Morsbroich Joseph Beuys "Badewanne" in den Zustand der Nichtkunst sauberschrubbten. In der Überlieferung wurden Putzfrauen daraus. Jedenfalls ist es immer gut, das Reinigungspersonal zu instruieren, was Kunst ist – und was vielleicht wegkann. Am Rand der Miniserie "Ist das Kunst?" geht es auch um solche Fragen. Aber selbst diejenigen, die Kunst von anderen Sachen trennscharf zu unterscheiden wissen, tun sich manchmal schwer bei der Bestimmung, wie sich herausragende Kunst nun genau definiert. Monopol-Redakteurin Silke Hohmann und Filmemacher Felix von Boehm bitten in ihrem vierteiligen Feature Akteurinnen und Akteure der Kunstwelt um Antworten.

Jeweils eine Frage zum Kunstbetrieb wird pro 30-minütiger Folge angestoßen. In Teil 1 – "Wer macht die Kunst?" – werden mit Amoako Boafo, Anne Imhof und Alicja Kwade drei Kunstschaffende vorgestellt, um deren Praxis die ganze Serie kreist. Kunstwerke und -werte lassen sich natürlich nicht von den Künstlerinnen und Künstlern trennen. Aus verschiedenen Gründen ist das Trio gut ausgewählt. Die persönliche "Story" hinter der Kunstpraxis ist mitentscheidend für den Erfolg – und nicht unbedingt die ohnehin schwer bestimmbare "Qualität" einzelner Produkte –, daher spielt es zum Beispiel eine wichtige Rolle, dass der Maler Amoako Boafo aus Ghana stammt und dort auch arbeitet.

"Was kostet die Kunst?" lautet die Kernfrage der zweiten Episode. "Man baut einen Kunstwert zusammen aus einzelnen Bausteinen", erläutert der Kunsthändler Dirk Boll, zur Drehzeit noch Präsident des Auktionshauses Christie’s. Zur Kunstkarriere und damit zur Wertfrage gehörten Ausstellungen in wichtigen Institutionen, hohe Preissummen auf Auktionen und eine breitgefächerte Berichterstattung, ergänzt Silke Hohmann, die auch die Gespräche mit den Kunstschaffenden, mit Galeristen oder Sammlerinnen geführt hat. Besucht wird auch Anne Imhof, die im Pariser Palais de Tokyo für ihre bislang größte Schau probt. Bei dieser Künstlerin wird am deutlichsten, dass Kunstwerte von Materialkosten weitgehend entkoppelt sind. Imhofs Ensemble muss bezahlt werden. Die Pariser Ausstellung hat den Charakter und den Preis einer aufwendigen Bühnenshow.

Es geht natürlich nicht nur ums Geld

"Ist das Kunst?" bewegt sich unablässig zwischen den Idealen der Kunstschaffenden und der Welt des schnöden Mammons. Diejenigen, die den Kunstmarkt hassen, sollten die Serie besser nicht anschauen. Aber ohne Geld, Finanziers und Spekulanten geht es wohl nicht. "Es ist kein Markt, der herausgenommen ist von anderen Märkten", sagt der Kurator und frühere Direktor der Nationalgalerie Berlin, Udo Kittelmann. "Deswegen heißt er ja auch – Markt". Kritik an seinen Mechanismen bleibt nicht aus, geäußert etwa von dem Kritiker Kolja Reichert oder von dem Sammler Christian Boros, der sich sicher ist: Der Markt kann Künstlerinnen und Künstler zerstören.

In der dritten Folge "Wer kauft die Kunst?" darf man sich über den Berliner Galeristen Johann König ärgern oder zumindest wundern, der bei einer Kunstauktion mitbietet, bei der ein Werk "seiner" Künstlerin Alicja Kwade versteigert wird. König manipuliert mit solchen Tricks den Markt, um den Marktwert der von ihm vertretenen Künstlerin zu schützen. Auch Sinn oder Unsinn der in Kryptowährung gehandelten NFTs, die gerade den Kunstmarkt erobern, wird in dieser Episode diskutiert.

"Eine Spur des menschlichen Lebens"

Immer wieder kehren Hohmann und von Boehm aber zu denjenigen zurück, die die Bilder malen oder die Skulpturen konstruieren. Die Hauptfigur ist wohl doch Alicja Kwade, denn bei ihr wird der knapp einjährige Entstehungsprozess einer Großskulptur von der Skizze bis zur Aufstellung in der kalifornischen Wüste bei Palm Springs verfolgt. "ParaPivot (sempiternal clouds)" besteht aus Granit-"Eisblöcken", die auf einem Stahlrahmen balancieren.

"Was macht die Kunst zur Kunst?" wird (nicht nur) Kwade in der letzten Folge der Miniserie gefragt. "Sie ist eine Spur des menschlichen Lebens", sagt die polnisch-deutsche Künstlerin, die in Berlin eine ganze Kunst-Fabrik am Laufen hält. "Wir widersetzen uns damit der Endlichkeit", sagt Kwade. Und das tut auch Amoako Boafo auf seine Weise, indem er nämlich eine Kunstschule in Accra gegründet hat. Es geht natürlich nicht nur ums Geld – im Kunstbetrieb, dessen Mechanismen, Geheimnisse und Widersprüche die gelungene Arte-Serie "Ist das Kunst?" in den Blick nimmt.