Am heutigen Mittwoch eröffnet die 30. Ausgabe der Pariser Möbelmesse Maison & Objet, nach dem Mailänder Salone del Mobile die wichtigste Schau für Designer. Viele deutsche Studios sind nicht dabei. Warum das so ist, beantworten Johannes Budde und Meike Papenfuß vom Kölner Studio Budde – und sie erklären, wovon die Arbeit von Designern heute abhängt.
Johannes Budde und Meike Papenfuß, Sie zeigen in dieser Woche nicht auf der Pariser Designmesse Maison & Objet, die nach dem Mailänder Salone die wichtigste Designschau ist. Warum sind Sie nicht dabei?
Meike Papenfuß: Wir wollen uns fokussieren. Die größten Ausstellungen liegen in diesem Jahr schon hinter uns. Wir waren in Köln auf der IMM, im April auf dem Salone del Mobile und der Milan Design Week und kürzlich bei 3 Days of Design in Kopenhagen. Wir konzentrieren uns gerade auf neue Entwürfe für 2025.
Und Sie leben gerade zwischen Köln und Mailand. Ist Deutschland kein guter Designstandort?
MP: Ist der Ort in Zeiten von virtueller Zusammenarbeit überhaupt noch ausschlaggebend? Das ist eine Frage, die uns eher beschäftigt.
Johannes Budde: Die Italiener, die Dänen oder die Niederländer sind im Design auf jeden Fall ein bisschen mutiger. Die meisten Firmen, mit denen wir bisher arbeiten, sitzen nicht in Deutschland und auch unsere Kunden häufig nicht. Deutschland ist vielleicht zurzeit noch linearer und schlichter in der Gestaltung unterwegs. Wir sind mit unserem Design etwas experimenteller, vielleicht auch mutiger oder verspielter im Entwurf. Für Design, das eine Schnittstelle zur Kunst bietet, gibt es hier weniger Abnehmer.
MP: Collectible Design, also das was zwischen Kunst und Design entsteht, gibt es in Deutschland noch sehr wenig. Es gibt ein paar wenige Studios – primär in Berlin oder Köln, die handgemachte Einzelstücke oder kleine Kollektionen anbieten. Der Fokus liegt meist auf innovativen Materialien und einem nachhaltigen Gestaltungs- und Produktionsansatz.
Was ist denn gerade deutsches Design?
JB: Ich glaube, das findet sich insgesamt gerade neu. Trendanalyst und Design-Experte Julian Daynov hat Neudeutsch initiiert, eine Plattform, um junges deutsches Design aus den Bereichen Mode, Interior und Lifestyle zu zeigen. Mit Neudeutsch waren wir zum Beispiel gerade auf der Copenhagen International Fashion Fair (CIFF).
MP: Viele deutsche Designstudios oder unabhängige Labels gehen nicht mehr auf die klassischen Möbelmessen. Sie führen digital ausgerichtete Marken, die verstanden haben, wie Kunden heutzutage Inspiration suchen und einkaufen, nämlich verstärkt online. Und die mischen den Markt in jedem Fall auf.
Wie würden Sie den Stil Ihres Studios beschreiben?
JB: Wir wollen, dass unsere Produkte immer intuitiv zugänglich und verständlich sind. Oft liegt die Klarheit und auch die Leichtigkeit in der ersten Idee. Diese Leichtigkeit versuchen wir herauszukehren und das Design dabei von allem Überflüssigen zu befreien.
MP: Der rote Faden bei Budde ist nicht so offensichtlich wie bei manchem anderen Studios, da wir uns nicht auf ein bestimmtes Material festgelegt haben. Aber jedes Design hat eine klare, ruhige Linie und versucht, eine Balance zwischen Funktionalität und ästhetischem Anspruch zu finden. Wir möchten, dass unsere Designs im Raum eine harmonische Präsenz zeigen und gleichzeitig den Nutzer dazu einladen, mit ihnen zu interagieren.
JB: Ein Beispiel ist unser "Cut Coffee Table", der von der jungen deutschen Marke Metallbude vertrieben wird: insgesamt sehr reduziert – in der Ästhetik, aber vor allem in seinem Konzept. Das Besondere ist eine zentrale Öffnung, die durch Schnitte und das Herausbiegen der Füße aus der Stahlplatte entstanden ist. So entsteht ein Raum in der Mitte des Tisches, den der Kunde mit eigenen Inhalten füllen kann und so mitgestalten kann. Bei dem Entwurf habe ich direkt an die Nutzung und Wirkung im Raum gedacht.
Sie sind nämlich eigentlich Architekt.
JB: Aber ich wollte immer kreativer und freier an eigenen Projekten arbeiten. Wir haben mit Budde dann kurz vor der Pandemie angefangen. Meike hat den Impuls gegeben, das Ganze strategisch aufzubauen und die Marke Budde zu erschaffen.
MP: Ich komme aus der strategischen Markenberatung und sehe mich selbst als Schnittstelle zwischen Design, Marke und Business. Für die ersten Entwürfe haben wir damals deutsche Produzenten gesucht, natürlich ziemlich teuer produziert und mit wenig Marge im eigenen Onlineshop verkauft. Die Käufer kamen meistens über unsere Präsenz auf Instagram. Wir haben allerdings schnell gemerkt, dass viel zu viel Zeit für Logistik drauf geht.
JB: Ich kam gar nicht mehr zur Gestaltung. Das, worin wir unsere Stärke sehen.
MP: Heute machen wir das alles anders. Für skalierbare Möbeldesigns, also alles, was man in größeren Stückzahlen produzieren und verkaufen kann, arbeiten wir mit Firmen zusammen, die die Kapazitäten haben für Produktion, Lager, Verkauf und Vertrieb. Wir lizensieren unsere Entwürfe – unter anderem an Metallbude, Mogg, We Do Wood und Spinder Design.
JB: Außerdem fertigen wir Einzelstücke oder Limited Editions an, die uns mehr Freiraum geben, uns kreativ auszutoben. Die produzieren wir dann entweder selbst oder auch mit Partnern, die auf ein bestimmtes Material spezialisiert sind. Zuletzt haben wir einen großen Tisch aus bunt-eloxiertem Aluminium zusammen mit der Schweizer Firma BWB in Mailand präsentiert. Solche Stücke werden dann natürlich viel höher bepreist.
MP: Unsere Collectible Designs verkaufen wir zum Beispiel auch über Galerien; in Mailand und Sardinien Rossana Orlandi Gallery, in London die Mint Gallery, online unter anderem Galerie Philia oder Alcova. Und Kuratorin Stéphanie Frederickx vertritt uns in Belgien.
Was war denn der Durchbruch von Budde?
MP: Der große internationale "Durchbruch" steht hoffentlich noch bevor, aber ich würde sagen, dass unserem "Rug'n'Roll"-Hocker schon sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Das Debüt war in 2022 bei der Alcova während der Milan Design Week. Danach ging das Design auf Instagram und Tiktok viral und wurde auf vielen Ausstellungen gezeigt. Viele haben sich gefragt: Was ist das für Material? Sieht weich aus, ist aber aus Beton.
JB: Ich habe damals noch nicht gewusst, was ich mit dem Material machen soll. Ich habe das Industriematerial online gefunden, es einfach mal bestellt und damit rumprobiert. Das war auch eine relativ schmutzige Angelegenheit, weil es praktisch ein Teppich ist, der voller Betonpulver ist. Durch das Experimentieren hat sich diese organische Hocker-Form entwickelt. Es ist ein Material, das einen eigenen Willen hat und ein bisschen die Form vorgibt.
MP: Wir sind sehr dankbar für unsere Partner, die jeweils Experten für ein bestimmtes Material sind, und auch die entsprechenden Produktionsmöglichkeiten haben. Wir lernen so viel über verschiedene Materialien.
Zum Beispiel über Marmor, bei diesem wunderschönen Waschbecken aus Marmor-Lamellen.
JB: Das heißt "Piano" und wird von dem italienischen Marmorproduzenten Serafini vertrieben. Wir sehen das in Hotels oder High-End-Boutiquen.
MP: Das Design hat Johannes schon im Studium entworfen. Die einzelnen Lamellen können rausgeschoben werden. So ist es auch in den Zwischenräumen zu reinigen.
Wie nah ist man eigentlich am Prozess der Entwicklung beteiligt, wenn die eigenen Designs von Herstellern lizensiert und produziert werden?
MP: Die Kultur und die Arbeitsweise der Firmen sind da ganz unterschiedlich. Manchmal bekommt man jeden Schritt mit, manchmal sieht man das fertige Produkt zum ersten Mal bei der Präsentation. Wir schätzen es in jedem Fall sehr, nah am Prozess dran zu sein und bei allen Entscheidungen beteiligt zu werden.
Und wie geht es bei Budde weiter?
MP: Wir haben zuletzt eine gepolsterte Kollektion entworfen, das ist für uns etwas Neues. Dazu sind wir gerade in Gesprächen mit verschiedenen Herstellern. Das wird sicherlich ein, zwei Jahre dauern, bis sie auf den Markt kommt. Zu der Kollektion gehören verschiedene Sitzmöbel, die mit fallendem Stoff und mit Faltenwurf arbeiten. Gerade geht ja der Trend eher weg von super gradlinigen Entwürfen mehr zu puffigen Falten und mehr Textil.