In der Rubrik "Insta-Watchlist" stellen wir Künstlerinnen und Künstler vor, die uns auf Instagram aufgefallen sind. Diesmal sprechen wir mit Philipp Ries und Thomas Mayer, die als Duo Loopinglovers hyperreale Renderings erschaffen und auf dem NFT-Markt aktiv sind.
Loopinglovers, es ist aktuell oft von NFT artists die Rede, wenn es um Künstler:innen geht, die über Marketplaces wie Nifty Gateway, SuperRare und Foundation ihre Werke als NFTs verkaufen. Ist der Begriff passend?
Der Auktionsrekord von Beeple bei Christie’s hat dazu geführt, dass NFTs plötzlich international zu einem Hype-Thema wurden. Creators und Künstler:innen wurden aktiv, weil die Hoffnung da ist, auch schnell viel Geld zu machen. So einfach ist das natürlich nicht. Einige reflektieren Kryptowährungen in ihren Arbeiten, was sie aber nicht zu NFT artists macht. Wird das Bestand haben? Ich glaube nicht. Man spricht ja schließlich auch nicht von Galerie-Künstler:innen, nur weil jemand mit einer Galerie arbeitet oder dort ausstellt.
Wäre eine passendere Bezeichnung crypto artist, weil bei den Cryptopunks und den Cryptokitties die Funktionsweise der Blockchain genutzt wird? Das wäre vergleichbar mit Instagram-Künstler:innen, die wie Amalia Ulman oder Leah Schrager bei ihren Performances mit der Funktionsweise der Plattform arbeiten.
Stimmt. Bei den Cryptopunks und den Cryptokitties handelt es sich um gecodete Kunst, also es steckt kreatives Coding dahinter. Blockchain art könnte folglich auch eine Bezeichnung sein, die zutreffend ist. Auf 99 Prozent der Künstler:innen, die jetzt plötzlich massenweise NFTs verkaufen, trifft das aber wie bei den Instagram artists nicht zu. Der Begriff NFT artist hat einen negativen Beigeschmack, weil auch immer der Hype mitschwingt, der wiederum auch nicht positiv bewertet wird. Was gehyped wird, kann nicht von Dauer sein. Warum überhaupt sollte man einen Künstler oder eine Künstlerin einer Plattform zuordnen, was bei den NFTs ja nicht einmal der Fall ist. Es handelt sich um Technologie.
Wie erklären Sie eigentlich jemandem, was NFTs sind, der noch nie davon gehört hat?
NFT steht für non-fungible token, auf Deutsch: nicht austauschbarer Token. Ein NFT ist ein digitaler Echtheitsnachweis. Kopien, die in den sozialen Medien kursieren, gehören ja niemandem. Das ändert sich durch NFTs. In der Blockchain ist eingeschrieben, wer der Besitzer eines digitalen Assets ist, und das ist für jeden einsehbar.
Wie beurteilen Sie den aktuellen Hype? Sie machen seit 2011 digitale Kunst, seit 2015 sind Sie auf Instagram aktiv und teilen Ihre Arbeiten. Im März haben Sie zum ersten Mal eine Arbeit auf dem NFT-Marketplace Foundation gedroppt. Hilft der Hype?
Der Hype belebt die Szene. Künstler:innen, die bisher ausschließlich analog gearbeitet haben, melden sich bei uns und denken gemeinsam mit uns nach, wie sie den digitalen Raum betreten können. Vorher haben wir in anderen Bereichen Unterstützung geleistet, wenn es um 3D-Animationen geht, jetzt kommen die Anfragen tatsächlich aus dem Bereich Kunst.
Auf Instagram haben Sie über 20.000 Follower:innen, die Zahlen steigen kontinuierlich. Wie wichtig ist Instagram als Publikationsplattform?
Seit Tag eins ist Instagram Teil unseres Arbeitsprozesses. Wir veröffentlichen dort unsere Kunst, Instagram ist unsere digitale Galerie. Nach all den Jahren ist Instagram sogar so etwas wie unser Werkverzeichnis. Es ist einfach alles online, was wir gemacht haben.
Sie sind als Loopinglovers bekannt. Sie mögen also Loops?
Genau, der Name erklärt sich selbst. Unsere Animationen loopen endlos, der Name beschreibt unsere Kunst und unsere Passion für das, was wir täglich machen. Der Name ist Programm. Unsere Technik hat sich natürlich über die Jahre verfeinert.
Inhaltlich und ästhetisch reflektieren Sie das postdigitale Zeitalter.
Humanoide Wesen schweben im digitalen Raum unabhängig von physikalischen Gesetzen. Die Texturen und Farben sind hyperreal gerendert, die Situation selbst ist surreal. Digitale Sinnlichkeit, darum geht es bei uns. Die Wesen sind nicht Mann und nicht Frau. Die Verwendung solcher humanoiden Wesen und besonders ihre sleeke Ästhetik ist wie der Pinselduktus in der Malerei. Es ist ein Werkzeug, das man verwenden kann. Bei Beeple beispielsweise kommen oft Figuren zum Einsatz, damit die Größenverhältnisse deutlich werden. Der endlose Loop funktioniert wie eine Zeitkapsel, ein Gefühl wird konserviert. Es gibt keinen Anfang und kein Ende.
Instagram als visueller Kanal ist Ihre Galerie, wie Sie sagen. Der Kurznachrichtendienst Twitter ist das Medium der Wahl besonders von NFT-Sammler:innen. Wie verbinden Sie die verschiedenen Plattformen miteinander in Ihrer Kommunikationsstrategie?
Instagram ist die Galerie, Twitter ist der Chatroom und Clubhouse ist der Treffpunkt. Auf Twitter erzählen wir die Geschichten hinter den Werken, das ist die Basis. Wir geben Einblicke wie die Werke entstehen, das ist zum Teil sehr nerdig, weil wir unseren Arbeitsprozess offenlegen und mit der Community diskutieren.
Von Twitter und Instagram führt dann der Weg auf den NFT-Marketplace, auf dem Ihre Kunst gekauft werden kann. Wie ordnen Sie die unterschiedlichen Plattformen wie Nifty Gateway, SuperRare und Foundation ein?
Wir haben bisher ausschließlich Pieces auf Foundation gedroppt. Die Plattform wird von den Künstler:innen kuratiert, die dort aktiv sind. Wer Arbeiten verkauft, bekommt Einladungen, die an Künstler:innen weitergegeben werden. So wächst die Plattform stetig qualitativ, die Einladungen sind limitiert. Auf Nifty Gateway sind "Open Collections" stark verbreitet. Das bedeutet, innerhalb eines bestimmten Zeitfensters, etwa fünf, sieben oder neun Minuten, können Arbeiten gekauft werden. Das Ergebnis ist die Größe der Edition. Die Editionen sind zum Teil sehr groß, was die Umwelt viel stärker belastet, weil die NFTs gemintet werden müssen. Dagegen haben wir uns entschieden. Wir bieten Unikate an. Eine Lösung für das Umweltproblem ist in Sicht, in einigen Monaten wird die Kryptowährung Ethereum (ETH) von "Proof-of-Work" auf das weniger energieintensive "Proof-of-Stake" umgestellt werden. Das warten wir ab.
Die Verknappung im Digitalen, also die Beschränkung auf ein Original, ist nicht zwingend. Eine Datei kann unendlich oft vervielfältigt werden. Die Preise für Unikate sind im Vergleich zu einer "Open Collection" doch etwas höher. Man bekommt schon Editionen für wenige hundert US-Dollar. Bei einem Unikat geht der Preis in einer Auktion manchmal doch etwas nach oben, und man ist bei einem Preis von ein paar tausend US-Dollar ...
Die Szene steckt noch in den Kinderschuhen. Teilhabe ist uns ein Anliegen. Eine Lösung ist, ein Werk gemeinsam zu kaufen. Wir warten wie gesagt die Umstellung auf "Proof-of-Stake" ab und werden dann sicherlich auch Editionen machen, damit unsere Fans teilhaben können. Die Preise bei uns liegen aktuell zwischen einem und drei ETH, ein ETH sind knapp 1700 US-Dollar.
Wie sieht es bei Ihnen mit Verkäufen auf dem Secondary Market aus? Die NFT-Marktplätze sind Primär- und Sekundärmarkt zugleich, Sie als Künstler:innen bekommen bei jedem Verkauf einen Anteil.
Von uns werden keine Werke auf dem Secondary Market gehandelt. Jeder Erstkäufer ist noch Besitzer.
Das bedeutet, Ihre Kunst wird nicht geflippt, sprich gekauft und wieder verkauft, damit der Verkäufer Gewinn mit eurer Kunst macht. Würde es für euch etwas verändern, wenn Ihre Kunst Spekulationsobjekt werden würde?
Wir bekommen pro Verkauf auf dem Zweitmarkt zehn Prozent. Wenn in einer "Open Collection" ein Werk gekauft wird, kann das auf dem Zweitmarkt durchaus sehr hohe Preise erzählen. Wir würden sehr gut verstehen, wenn ein Fan von uns ein Angebot von einigen hunderttausend Dollar nicht ausschlägt.
Sie beide haben einen Background als Gestalter. Das ist aktuell auch die Hauptkritik an dem, was auf den NFT Marketplaces verkauft wird. Da heißt es oft, Gestalter:innen meinen, sie seien Künstler:innen, woraus folgt, dass generell schlecht geredet wird, was man an NFTs sieht. Was antworten Sie auf solch eine harsche Kritik?
Kryptosammler:innen haben durch ihren Bezug und Background oft einen anderen Geschmack und andere Werte als die traditionelle Kunstwelt. Das eigentliche Potenzial wird freigesetzt, wenn die Welten nicht mehr für sich alleine stehen und agieren. Wenn die Kunstwelt mit ihren Kriterien und Maßstäben arbeitet, kommt man damit im NFT-Space nicht sehr weit und qualifiziert am Ende alles als Trash und Nicht-Kunst ab. Somit werden die Potenziale, die Technologie gemeinsam zu erschließen, im Keim erstickt.