Insta-Watchlist: Oli Epp

"Ich bin ein Künstler, der gesehen werden will"

In unserer Reihe Insta-Watchlist stellen wir Künstler vor, die uns auf Instagram aufgefallen sind. Der 24-jährige britische Maler Oli Epp hat nach seinem Abschluss 2017 alle seine Arbeiten über Instagram ausverkauft. Heute vertreten ihn Galerien, die meist über die Foto-App auf ihn aufmerksam werden. Im Interview erzählt er, warum er seine Kunst "Post Digital Pop" nennt - und was ihm schlaflose Nächte bereitet

Herr Epp, auf der Artissima in Turin sind mir das erste Mal Ihre Gemälde aufgefallen. "Das ist instagrammig", dachte ich mir. Klare Formsprache, übersichtliche Komposition, Bezug auf Pop- und Internetkultur. Ihre Galerie sagte mir dann, dass Sie ihnen wiederum auf Instagram aufgefallen seien. Instagrammig, ist das ein Kompliment für Sie?
Instagram ist das am schnellsten wachsende soziale Netzwerk. Ich bin ein Künstler, der gesehen werden will. Instagram macht genau das möglich. Wie auch immer, ich habe meine Schwierigkeiten mit dem Begriff instagrammig. Das klingt so zynisch. Es wird suggeriert, dass die Arbeiten für Instagram gemacht sind und nichts mit künstlerischer Integrität zu tun haben. Wenn man von der anderen Seite kommt und die negative Konnotation streicht, bedeutet instagrammig einfach, dass die Arbeiten eine starke visuelle Wirkung haben. Meine Gemälde sind oft hell und bunt mit sauberen klaren Kanten.

Sie bezeichnen Ihre Kunst als Post Digital Pop und nennen sich selbst einen Post Digital Maler. Was bedeutet das?
Diese Begriffe geben mir Klarheit, wenn ich über meine Arbeit in einem größeren Kontext nachdenke. Mir geht es um die Beziehung zu uns selbst und anderen, wie wir sie im digitalen Zeitalter durch Bildschirme erleben. Pop nutze ich als Medium, um mich zwischen den realen und digitalen Räumen zu bewegen, Werbung beispielsweise verbindet diese beiden Bereiche. In meinen Gemälden thematisiere ich die kommerzielle Konsumkultur.

Auf Ihrem Instagram-Account inszenieren Sie sich selbst als Teil dieser Konsumkultur. Sie tragen den Balenciaga Triple S, wenn Sie eins Ihrer Gemälde an die Wand hängen oder mit einem Posting eine Ihrer Ausstellungen bewerben.
Ha! Ich nenne sie meine Balenci-GAGAs. Das ist nicht der echte Triple S, auf eBay gibt es Alternativen für 30 Pfund. Der echte Schuh kostet ein Vermögen und wiegt ein Kilo. Die Version, die ich trage, sieht fast identisch aus, ist leicht und erschwinglich. Eine Win-Win-Situation also.

Instagram ist oberflächlich.
Klar. Unter der glänzenden Oberfläche eines Postings liegt meist eine harsche Wahrheit. Online sieht das alles sehr selbstbewusst aus, was ich mache. Ich zeige nicht die Momente, wenn ich nicht schlafen kann, weil ich um halb sechs zitternd und nervös wegen irgendwelcher Deadlines im Bett liege. Oder wenn ich unzufrieden mit mir bin, weil ich mir mal einen Samstag frei nehme.

In Ihren Werken greifen Sie diese Oberflächlichkeit auf und machen daraus bunte Oberflächen.
Ich interessiere mich für meine Generation und wie digitale Identitäten kuratiert werden. Wer sind wir? Wer wollen wir sein? Ich male Charaktere einer oberflächlichen Gesellschaft. Mein Gemälde "Catfish" beispielsweise, es geht um eine anonyme Figur, der online fiktionale Personas adaptiert, um Menschen in Beziehungen zu locken. Er fotografiert dafür seinen Ellenbogen so, dass der wie eine Vagina aussieht.

Ihre Pariser Galerie Semiose hat Sie auf Instagram entdeckt. Zuvor haben Sie alle Ihre Arbeiten via Instagram ausverkauft. Brauchen Sie überhaupt eine Galerie?
Ja, das stimmt. Ich habe meine Arbeiten zuvor direkt an Sammler verkauft, jetzt arbeite ich eng mir internationalen Galerien zusammen: mit Semiose in Paris, Richard Heller in Los Angeles und Duve in Berlin. Die Galerien nehmen mir viel Arbeit ab, die nicht sichtbar ist, so bleibt mir mehr Zeit zum Malen.

Sie sind 24. Wo wären Sie ohne Instagram heute?
Gute Frage. Der Einfluss von Instagram auf die Kunstwelt ist nur ein kleines Beispiel für den Einfluss, den soziale Medien auf die Gesellschaft haben. Wahrscheinlich wäre ich nach Wien gezogen und hätte dort versucht, mir eine Karriere als Künstler aufzubauen. Vermutlich hätte ich mich mit einigen Nebenjobs über Wasser halten müssen.

Wer steht ganz oben auf Ihrer Instagram Watchlist?
Das ist meine must-follow Liste:

Dale Lewis (@dalelewis80) – Ich liebe unanständige Malerei. Seine Arbeiten sind monumental, oft zeigt er Gruppen, die miteinander kämpfen oder Sex haben. Seine anarchischen Gemälde nehmen Bezug auf die großen abstrakten Expressionisten. Meine Abschlussarbeit an der Uni habe ich über ihn geschrieben, es ging um 'Satire und Moral in der britischen Malerei'.

 

Genesis Belanger (@genesisbelanger) – Ihre surrealen Keramiken haben meine neu gefundene Liebe für Keramiken entzündet. Mein Traum ist es, eines Tages eine ihrer Arbeiten zu besitzen. Sie spielt mit strangen Themen aus der Werbung, die sie mit Referenzen verbindet: das Unheimliche, ägyptische Grab-Artefakte, Philip Guston und so weiter.

 

Austin Lee (@austinleee) –  Er hatte einen großen Einfluss auf mich, als ich mein eigenes künstlerisches Vokabular entwickelt habe. Seine Werke verbinden Kunst und Technologie und schweben in einem undefinierbaren Raum zwischen dem Malerischen und dem Digitalen. Ich liebe seine spielerische Herangehensweise.