Hype um Fake-Actionfiguren

Du kannst ein Spielzeug sein

KI-generiertes Bild einer Action-Figur von unserer Autorin, der Malerin Charlie Stein

KI-generiertes Bild einer Actionfigur von unserer Autorin, der Malerin Charlie Stein

In einem neuen KI-Trend steht nicht mehr die Inszenierung, sondern die Verpackung des Selbst im Mittelpunkt: Wenn Nutzer sich in Actionfiguren verwandeln, zeigen sie sich als konsumierbares Objekt. Unsere Autorin hat es ausprobiert

In der neuesten Welle generativer Bildproduktion geht es nicht mehr darum, sich selbst zu inszenieren, sondern darum, sich selbst zu verpacken. Die Ästhetik: glänzend, ironisch, vollendet ins Objekt überführt. Wer heute auf Instagram unterwegs ist, begegnet immer häufiger hyperrealistischen Darstellungen von Menschen als Actionfiguren. Mit Zubehör. Mit Verpackung. Mit Rollenbeschreibung.

Auch ich habe das Bild oben mittels ChatGPT generiert. Es genügt, ein Bild hochzuladen und einen begleitenden Prompt zu formulieren à la "Erstelle eine Actionfigur von mir …" Je präziser desto besser. (Mittlerweile sind kostenpflichtige Apps, die das gleiche anbieten, wie Pilze aus dem Boden geschossen.) Heraus kommt eine Miniaturversion meiner selbst, inklusive Kittel, Palette, Pinseln und einem winzigen Gemälde. Alles, was mich "ausmacht", liebevoll gegossen in eine Form, die im Grunde alles, was ich bin, auf eine Botschaft reduziert: Kauf mich! Spiel mit mir! Benutz mich!

Das Porträt, das dem KI-generierten Bild der Action-Figur zugrunde liegt

Das Porträt, das dem KI-generierten Bild der Actionfigur zugrunde liegt

Was als augenzwinkernder Pop-Reflex beginnt, offenbart bei näherem Hinsehen eine tiefere Verschiebung im kulturellen Selbstverständnis: die freiwillige, performative Selbst-Kommodifizierung. Wir transformieren unsere Identität nicht nur in ein visuelles Produkt – wir gestalten es aktiv so, dass es kompatibel ist mit den Erwartungen eines Systems, das nur noch reagiert, wenn seine eigene Logik bedient wird.

In meinen eigenen Arbeiten – ob in Silikon, in digitalen Körpern oder in aufgeblasenen Puffer Jackets – hat das Thema des Verpackens immer auch mit der Frage nach Kommodifizierbarkeit, nach dem Spektrum von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit zu tun. Der Körper wird zur Hülle, zur Oberfläche, zur Projektionsfläche – aber auch zur Ware.

Das Sichtbar-Machen in überzeichneten, glänzenden, konsumierbaren Formen kippt oft in ein gleichzeitiges Verschwinden: Wo alles lesbar und sofort erfassbar ist, wird nichts mehr wirklich gezeigt.

Virtually Yours (Treasure X) oil on canvas Charlie Stein 150cmx100.jpeg
Courtesy Charlie Stein

Charlie Stein "Virtually Yours (Treasure X)"

Künstlerinnen und Künstler als Actionfiguren werden damit zur logischen Konsequenz: Sie machen sich sichtbar im Spiel der großen Galerien, Kuratoren und Institutionen – weil sie die Codierung des Systems übernehmen. Ironie und Überaffirmation werden zur Kommunikationsform, die vielleicht sogar mehr sagt als jedes subversive Werk: Ich weiß, was ihr sehen wollt. Und ich liefere es – besser, schöner, gefälliger.

Doch was passiert, wenn diese spielerische Oberfläche plötzlich nicht mehr ironisch gemeint ist, sondern zum Standard wird? Wenn die Künstlerin zur eigenen PR-Maschine werden muss (anstrengend!), zur Figur im endlosen Showcase? Der Effekt ist doppelt: Einerseits steigt die Sichtbarkeit – andererseits verliert sich die Tiefe. Am Ende siegt der schöne Schein der Verpackung. Man fragt sich warum eine ganze Generation junger Menschen, die Plastik eigentlich verabscheut, jetzt dieser Ästhetik frönt. 

In diesem Zusammenhang erinnere ich mich dunkel an eine Künstlerin, die noch in Pre-Internet-Zeiten real existierende Actionfiguren berühmter Sammler:innen anfertigte – als Spiegel und Karikatur eines Systems, in dem Besitz und Sichtbarkeit untrennbar miteinander verknüpft sind. Die Sammler:innen wurden im wahrsten Sinne des Wortes zur Spielware – und damit zum Objekt ihrer eigenen Begierde. Gleichzeitig war es natürlich ein geschickter Marketing-Coup: Denn wer würde sich nicht gern selbst im Maßstab 1:12 kaufen? Leider erinnere ich mich nicht mehr an ihren Namen – was irgendwie auch eine Art von Recycling ist. 

Jetzt wird also dieser Reflex internalisiert. Wir stellen uns selbst auf den Sockel – oder besser: ins Verkaufsregal, eingeschweißt in Blisterverpackung. Die Actionfigur ist keine Satire, sondern wird zur Strategie.

You too can be a toy.