Berlin

Humboldt Forum will "Vielfalt weiter ausbauen"

Debatten wegen der umstrittenen Schlossfassade und inhaltlicher Konzepte kennt das Humboldt Forum seit dem Planungsbeginn. Nach dem ersten komplett geöffneten Jahr soll der Blick nach vorn gehen. Doch der ist nicht ungetrübt

Nach holprigem Start blickt das Ausstellungs- und Kulturzentrum Humboldt Forum in Berlin auf ein erfolgreiches erstes Jahr zurück. "2023 war das Humboldt Forum das erste Jahr komplett geöffnet. Wir sind auf gutem Kurs auch mit den Besucherzahlen und liegen voraussichtlich deutlich über den anderthalb Millionen Besucherinnen und Besuchern des Vorjahres", sagte Generalintendant Hartmut Dorgerloh der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Das insgesamt 40 000 Quadratmeter umfassende Humboldt Forum gestalten hinter der umstrittenen Schlossfassade zwei Museen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), das Land Berlin, die Humboldt-Universität und die Stiftung Humboldt Forum. Gezeigt werden Exponate aus Asien, Afrika, Amerika und Ozeanien sowie Objekte zur Geschichte Berlins.

"Diese Vielfalt wollen wir weiter ausbauen"

Dorgerloh erläuterte den Prozess seit dem durch Bauverzögerung und Corona nur stufenweise erfolgten Start. "Wir haben unser Publikum besser kennengelernt und umgekehrt hat unser Publikum das Humboldt Forum besser kennengelernt." Dabei gebe es verschiedene Besuchergruppen für Ausstellungen, Veranstaltungen und das Humboldt Forum als Sehenswürdigkeit. Unterschiedliche Erwartungen und Perspektiven ergeben für Dorgerloh Vielfalt für die Zukunft.

"Diese Vielfalt wollen wir weiter ausbauen", sagte er. "Wir werden wahrscheinlich noch zwei, drei Jahre brauchen, bis wir uns wirklich etabliert haben als Marke und als eines der besucherstärksten Häuser in Berlin."

Bisher sind als staatlich gefördertes Pilotprojekt weite Teile ohne Ticket zugänglich. "Der freie Eintritt ist ein großer Erfolg und auch kulturpolitisch richtig", sagte Dorgerloh. "Unter anderem die Kürzungen in den Haushaltsberatungen führen nun aber dazu, dass wir die Eintrittsfrage im nächsten Jahr werden diskutieren müssen."

Im Land Berlin wird aktuell ein Rückzug diskutiert. Dorgerloh wünscht sich, "dass das Stadtmuseum mit "Berlin Global" hier weiter im Haus bleibt". Das werde sich kurzfristig auch nicht ändern.

"Komplexes Thema"

Berlins Kultursenator Joe Chialo sieht ein "komplexes Thema", zu dem er noch keine abschließende Meinung habe. "In der kommenden Zeit ist es aber wichtig, dass das Land Berlin dort involviert bleibt", sagte der CDU-Politiker der dpa. Die Sanierung des Märkischen Museums bringe eine lange Umbauzeit für das Hauptquartier des Stadtmuseums. "Im Humboldt Forum haben wir mit 'Berlin Global' eine Ausstellung finanziert und uns dadurch ebenfalls als Stadt präsent gemacht", so Chialo. "Bei den Gesprächen müssen alle Beteiligten einbezogen werden, damit das gezeichnete Zuknftsbild auch ein gemeinsames ist."

Der Blick in die Zukunft fällt unterschiedlich aus. Ohne Stadtmuseum müssten laut Dorgerloh "alle Partner eine Debatte über die künftige Nutzung der Räume führen und zwar aus einer ganzheitlichen Perspektive. Dabei geht es dann auch um Fragen wie: Braucht das Humboldt Forum mehr Museum oder mehr andere Angebote, zumal es in den Räumen kein Museumsklima gibt, denn ursprünglich waren sie einmal für eine Berliner Bibliotheksnutzung gebaut."

Großartiges Programm und großes Potenzial

Dorgerloh verweist auf große Unterschiede zu den Debatten und Planungen der vergangenen Jahrzehnte. "Wir haben heute die Erfahrung mit dem realen Publikum vor Ort und mit unseren internationalen Partnern." Diese sollten sich stärker einbringen können.

SPK-Präsident Hermann Parzinger formuliert andere Ideen. Falls das Stadtmuseum die Flächen nicht mehr benötigen sollte, "dann wäre es natürlich eine großartige Chance, wenn diese Flächen vom Museum Europäischer Kulturen genutzt werden könnten, das übrigens auf die frühere Europa-Abteilung des ehemaligen Völkerkundemuseums in Dahlem zurückgeht", sagte er der dpa. Das sei aber eine politische Entscheidung von Land Berlin und Bund. Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) sieht zunächst Berlin am Zug.

Parzinger verwies auf ein "großartiges Programm" des Museums. "Wäre es im Humboldt Forum, hätten wir dann zusätzlich den sogenannten ethnologischen Blick auch auf Europa, was noch einmal ganz andere Perspektiven eröffnen könnte, auch im Hinblick auf Kulturvergleiche." Er sehe "großes Potenzial", es sei aber Zukunftsmusik.