Ein Bildband erforscht die Geschichte der Infografik – und zeigt, warum man ihr nicht immer trauen kann
Als Francesco Franchi darüber nachdachte, was eine gute Informationsgrafik ausmacht – sie muss lesbar, objektiv und inhaltlich korrekt sein, dabei aber zugleich überzeugendes Storytelling liefern – kam er zu dem Schluss, dass die perfekte Infografik "Unmöglichkeit in Reimform ist". Zum Glück lässt sich jene Unmöglichkeit wunderbar anhand des unendlichen Penrose-Dreiecks visualisieren, und so übersetzte der Artdirektor seine Erkenntnis kurzerhand in eine Grafik.
Franchis Grafik ist mit einem Augenzwinkern zu lesen, verweist aber dennoch auf den zentralen Konflikt der Disziplin. Visualisierungen sind immer auch Vereinfachungen, sie beleuchten einzelne Aspekte komplexer Sachverhalte. Das muss so sein, ansonsten hält man wie in der Fabel des argentinischen Schriftstellers Jorge Luis Borges am Ende eine Landkarte in der Hand, die genauso groß ist wie das von ihr beschriebene Gebiet. Im Zeitalter der Informationsflut ist es wichtiger denn je, Daten so simpel wie nötig und präzise wie möglich visuell aufzuarbeiten. Wie das funktioniert, lehrt die Geschichte. Denn obwohl Schlagworte wie Datenjournalismus relativ jung sind, existiert die Kulturtechnik der grafischen Informationsvisualisierung schon seit Jahrhunderten.
Der Bildband "History of Information Graphics" bietet einen Überblick über handwerklich bedeutende Arbeiten aus dem Mittelalter bis hin zu jüngeren Klassikern wie Massimo Vignellis bis heute wegweisende New Yorker U-Bahn-Karte, deren Grad an Abstraktion in den späten 60er-Jahren Proteststürme auslöste. Der Band verdeutlicht auch die verführerische Überzeugungskraft fehlerhafter Informationen: Geozentrische Weltallkarten sind ebenso vertreten wie Albrecht Dürers auf Hörensagen basierende Darstellung eines fabelwesenähnlichen Nashorns, die nach ihrer Entstehung zwei Jahrhunderte lang verbreitet wurde.