Zum fünften Mal tun sich die lokalen Galerien zur Frankfurt Art Experience zusammen und bündeln ihre Expertise und ihr Können für einen Monat im Zeichen der Gegenwartskunst. Begründet wurde die Dachmarke von Tyrown Vincent als Event, der mit Rundgängen, Führungen und Expertengesprächen Kunst für alle zugänglich macht. Wie sehr die Städelschule ein Kraftzentrum für die Kunstszene der Stadt ist, kann man im Programm der Galerien ablesen: Gleich mehrere ehemaligen Städelschülerinnen und -schüler sind dieses Jahr mit Ausstellungen vertreten.
Mit nicht einmal 150 Studierenden ist sie eine der kleineren Kunstakademien der Republik. Und doch bleibt die Städelschule ein Nukleus, um den die Kunst in Frankfurt kreist. Bei Sakhile & Me stellt der ghanaische Multimediakünstler Larry Bonćhaka aus: Im Frühjahr hatte er zum Rundgang der Akademie noch Skulpturen präsentiert, die an die tirailleurs sénégalais, senegalesische Soldaten im Dienste der französischen Armee, erinnerten.
Galeristin Sakhile Matlhare ist gemeinsam mit Daniel Hagemeier auf zeitgenössische Kunst aus Afrika und der Diaspora spezialisiert – als eine von sehr wenigen Galerien in Deutschland. Es gibt solche herausstechenden Orte in Frankfurt. Beim Saisonstart der Galerien, der seit 2019 unter dem Dach der Frankfurt Art Experience stattfindet, kann man sie entdecken.
Eine der ältesten und schönsten Galerien der Stadt ist zugleich eine, die sich bis heute immer wieder neu erfindet. Zum Saisonstart präsentiert die Galeristin Bärbel Grässlin in der Innenstadt neue Arbeiten aus der "Etcetera"-Serie von Imi Knoebel, bemalt mit Acryl auf massiven Aluminiumplatten.
Ein paar Straßen weiter befindet sich die Filiale, Grässlins zweite Galerie für junge Kunst, die mit "Complex" eine Einzelausstellung von Robin Stretz zeigt. Ausgehend von pop- und alltagskulturellen Randphänomenen, widmet sich Stretz, bis 2022 noch an der Städelschule, Filmen als Objekten und als Möglichkeit, die Dinge ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit zu dokumentieren, collagieren und sortieren.
In der Berliner Straße tragen gleich zwei Galerien den zeitgenössischen Blick im Namen: Bei Schlieder Contemporary ziehen Werke von Hilde Trip ein, die ihre Arbeitsmaterialien dem Angebot der Jahreszeiten entnimmt – also beispielsweise Pusteblumen, Blätter, Federn oder Samen. Geradezu brachial wirkt demgegenüber der Stoff, aus dem Sandra Kranichs Bilder und Skulpturen gestrickt sind: Die Frankfurter Künstlerin, Städel-Absolventin und ausgebildete Pyrotechnikerin arbeitet mit Feuerwerk. PPC Philipp Pflug Contemporary präsentiert Bilder, Skulpturen und Installationen, in denen Schwarzpulver zum Mitgestalter einer die Gepflogenheiten sprengenden Kunst wird.
Ganz in der Nähe zeigt die Galerie Anita Beckers eine neue Ausstellung von Jan Schmidt, dessen Arbeiten als visuell reduzierte, verdichtete Aufzeichnungen von Zeit erscheinen. Auch Schmidt hat einst übrigens an der Städelschule studiert, bei Ayşe Erkmen.
Von hier aus sind es nur einige Schritte in die Fahrgasse, die Straße mit der wohl höchsten Galeriendichte der Stadt. Eine von ihnen führt Kirsten Leuenroth, die zum Saisonstart mit "Bye Bye Blackbird" eine Doppelausstellung mit Malerei von Jan Dörre und Keramikarbeiten von Beate Höing zeigt, die sich beide unter anderem den Vogel als Ausgangsmotiv nehmen. Auf der anderen Mainseite befindet sich die Galerie Peter Sillem, wo Frank Mädler mit Fotografie und Keramik nach den formalen Möglichkeiten fragt, den bedrohten Sehnsuchtsraum Wald künstlerisch darzustellen.
Lohnenswert sind auch Orte abseits der Frankfurt Art Experience: Neue Arbeiten von Mike Bouchet zeigt im Bahnhofsviertel die Galeristin Parisa Kind, die neulich 20-jähriges Galeriejubiläum feierte. Ein paar Straßen weiter befindet sich wiederum ein Kunstort, der international wahrgenommen wird, aber in der Stadt selbst noch relativ wenig Aufmerksamkeit hat. Die Galerie Neue Alte Brücke nahm in diesem Jahr an der Art Basel teil und vertritt Künstlerinnen und Künstler wie Eliza Douglas, Yngve Holen oder Atiéna R. Kilfa, alles Absolventinnen und Absolventen der Städelschule.
Dieser Text ist erstmals in Monopol 9/2023 erschienen.