Sterne sind die jüngste Leidenschaft von Frank Stella - und die Übersetzung seines Nachnamens aus dem Italienischen. "Als ich als Künstler angefangen habe, wollte ich nichts davon hören zu sagen: 'Mein Name ist Stella und ich habe ein Bild in Form eines Sterns gemalt.'" Inzwischen aber hat Stella, der am Mittwoch (12. Mai) 85 Jahre alt wird, den 3D-Druck und damit auch die Sterne für sich entdeckt. Zahlreiche Exemplare zeigte jüngst das Aldrich-Museum im US-Bundesstaat Connecticut in einer großen Ausstellung. "Die Sterne haben auch Oberflächen zum Bemalen", sagte Stella aus diesem Anlass dem TV-Sender CBS. "Und deswegen kann ich sagen: Eigentlich geht es doch immer noch ums Malen."
Mit Malen fing auch alles an für Stella: Ende der 50er Jahre stellte das New Yorker Museum of Modern Art seine Serie von minimalistischen "Black Paintings" aus mit symmetrischen, die ganze Fläche bedeckenden Streifen - und schockte damit die Kunstwelt. Dabei seien es doch nur "flache Oberflächen mit Farbe drauf - nicht mehr", sagt Stella und betont, es stecke keine Bedeutung dahinter: "Was Sie sehen, ist, was Sie sehen." Die "Black Paintings" machten Stella mit gerade einmal 22 Jahren umstritten, aber auch weltberühmt.
Der 1936 in einem Vorort von Boston geborene Sohn eines wohlhabenden Künstler- und Arzt-Ehepaars war nach New York gekommen - "um zu sehen, wie es ist, die ganze Zeit zu malen". Außerdem fühlte er sich von der dortigen Szene und Künstlern wie Jasper Johns und Jackson Pollock angezogen. "Ich wäre gar nicht erst Künstler geworden, wenn ich die Künstler dieser Generation nicht so sehr gemocht hätte", sagte er einmal dem britischen "Telegraph".
Er selbst wurde dann vom legendären Galeristen Leo Castelli entdeckt. "Ich verbrachte viel Zeit in seiner Galerie. Er erkannte mich wieder, weil ich so unordentlich aussah", behauptete Stella später. "Es war natürlich Glück dabei, aber das System war damals auch ziemlich unterstützend."
Auf die schwarzen Bilder folgten silberne und kupferfarbene. Im weiteren Verlauf der 60er Jahre gewannen seine Bilder an Farbigkeit, bis hin zur Verwendung fluoreszierender Acrylfarben. Konstant blieb das Spiel mit geometrischen Formen. "Wenn die Menschen mich fragen, warum ich aufgehört habe, schwarze Bilder zu malen, ist das, wie wenn man Kodak fragt, warum sie keine Filmrollen mehr benutzen", sagte Stella dem britischen "Guardian". "Man bewegt sich weiter, die Welt bewegt sich weiter. Es ist schwer, nicht mitzuziehen. Man muss einen guten Grund haben, Widerstand zu leisten."
Später fertigte Stella, der ein Haus in Manhattan und ein Atelier im Norden New Yorks hat, auch Reliefs und großformatige Skulpturen an. Nicht alle stießen auf Begeisterung. So beschwerten sich Menschen im südkoreanischen Seoul so lange über die in ihrer Stadt aufgestellte Metallskulptur "Amabel", bis eine kleine Baumgruppe drumherum gepflanzt wurde, die das Werk teilweise verdeckt.
Die Kunst habe ihn nicht reich gemacht, auch wenn seine Werke sich teilweise für Millionen verkaufen, sagte Stella, der zum zweiten Mal verheiratet ist und fünf Kinder hat. "Die Menschen werden ganz aufgeregt bei diesen hohen Summen, aber fast alle Künstler, sogar die sehr erfolgreichen, leben von der Hand in den Mund. Man wird kein Künstler, um Geld zu verdienen. Da würde man sich etwas vormachen." Kollegen, die das anders sehen, gibt Stella gern einen mit - so wie Jeff Koons. "Das ist doch für reiche Menschen ohne Geschmack."
Stella, der im vergangenen Jahr den Alexej-von-Jawlensky-Preis der Stadt Wiesbaden erhielt, liebt Rennwagen ("Ich wurde geboren, um zu fahren", sagte er einmal der "New York Times"), fährt aber selbst nicht mehr so oft und schnell, wie er jüngst zugab. Auch einen Pinsel hält er nicht mehr selbst und das nach eigener Schätzung schon seit mehr als 20 Jahren. "Dabei geht alles um Körperbalance. Wenn ich jetzt versuchen würde zu malen, würde ich wahrscheinlich umfallen." Seine digitalen Entwürfe schickt er inzwischen an spezielle Hersteller.
Stella habe "die Geschichte der Kunst mit seinem Frühwerk verändert und dann weitergemacht", sagt Roberta Smith, Kunstkritikerin der "New York Times". Umstritten sei er schon lange nicht mehr, befindet auch Stella selbst. Das New Yorker Whitney Museum widmete ihm vor ein paar Jahren die Auftakt-Retrospektive im neuen Gebäude. Zu den Kollegen und Freunden aus der New Yorker Szene von früher habe er allerdings keinen Kontakt mehr, sagt Stella. "Das Problem ist, alle sind tot oder sterben. Ich bin inzwischen in der Kategorie der ‘Lebt-der-noch?-Künstler‘."