Radiobeitrag

Erste Eindrücke von der 59. Venedig-Biennale

Am Wochenende eröffnet die coronabedingt um ein Jahr verschobene 59. Kunstbiennale von Venedig. Monopol-Chefredakteurin Elke Buhr ist in der Lagunenstadt unterwegs und berichtet auf Detektor FM von ihren Eindrücken


Die Venedig-Biennale steht aus Sicht ihrer Kuratorin Cecilia Alemani im Zeichen der Pandemie und des russischen Krieges gegen die Ukraine. Wegen der Corona-Krise sei die Schau weitgehend von ihrem Büro in New York entstanden, sagte Alemani am Mittwoch in Venedig.

Von Samstag an bis zum 27. November werden in der von ihr verantworteten Ausstellung "The Milk of Dreams" mehr als 1500 Arbeiten von 213 Künstlerinnen und Künstlern aus 58 Ländern zu sehen sein. Der Titel geht zurück auf ein Kinderbuch der surrealistischen Künstlerin Leonora Carrington (1917–2011), die darin eine sich durch Imagination ständig neu erfindende magische Welt beschreibt. Daneben sind 80 Länder mit eigenen Pavillons Teil der Biennale, die neben der documenta in Kassel als wichtigste Ausstellung für Gegenwartskunst gilt.

Alemani hat zu einem ganz überwiegenden Teil Künstlerinnen eingeladen. Sie begründete dies mit "den größten Talenten", zudem sei mit Blick auf die Geschichte der Biennale festzustellen, dass die Repräsentanz von Künstlerinnen nie auf einer gleichen Basis erfolgt sei. Auch aus Deutschland sind bis auf wenige Ausnahmen nur Künstlerinnen eingeladen.

Mit Blick auf Russland und die Ukraine sagte Alemani, es sei angesichts des Krieges noch schwieriger, über den Sinn von Kunst nachzudenken. Der russische Pavillon bleibt nach Rückzug des künstlerischen Teams leer. Die Ukraine ist durch Pawlo Makow in einem Pavillon vertreten. Der ukrainische Zeichner und Bildhauer sagte der dpa in Venedig, "unser Schicksal wird an der Front entschieden, nicht hier". Er könne mit seiner Arbeit nichts für den Frieden erreichen. "Ich kann sie nur verkaufen und das Geld der Armee geben." Seine Arbeit, in der sich Wasser über mehrere Trichter immer weiter aufteilt, bezeichnete Makow als "Metapher für Erschöpfung". "Das ist auch eine Verbindung zu den demokratischen Gesellschaften in dieser Zeit, weil sie nicht darauf vorbereitet sind, sich selbst zu beschützen." Sie könnten die Prinzipien nicht schützen, nach denen sie errichtet seien.

Biennale-Präsident Roberto Cicutto verwies zudem auf die zentrale Arbeit "Piazza Ucraina" in den Giardini. Dort sollen hinter einer Reihe aus Sandsäcken Arbeiten etwa von ukrainischer Künstlerinnen und Künstlern hinterlegt werden, die nicht reisen können.

Im Deutschen Pavillon hat die in Berlin lebende Künstlerin Maria Eichhorn die Struktur des von den Nazis umgebauten Gebäudes und so seine Geschichte freigelegt (hier unsere Review). Die faschistische Architektur war immer wieder Anlass künstlerischer Auseinandersetzung. Zur Biennale 1993 ließ Hans Haacke den Boden zertrümmern. Der gemeinsam mit Nam June Paik gestaltete Pavillon erhielt den Goldenen Löwen als bester nationaler Beitrag. Diese Auszeichnung bekamen auch Gregor Schneider (2001), Christoph Schlingensief für seine 2011 ein Jahr nach seinem Tod realisierte Arbeit und zuletzt Anne Imhof 2017.

Zur fünfköpfigen Jury, die am Samstag mehrere Preise vergeben wird, gehören in diesem Jahr auch Susanne Pfeffer, Direktorin des Frankfurter Museums für Moderne Kunst, und der designierte Direktor des Hauses der Kulturen der Welt in Berlin, Bonaventure Soh Bejeng Ndikung.

Elke Buhr, Chefredakteurin von Monopol, hat sich in den vergangenen Previewtagen auf der 59. Venedig-Biennale umgeschaut und berichtet davon auf Detektor FM, hier zum Nachhören: