Vergewaltigungen zählen zu den häufigsten Kriegsverbrechen. Während des von 1937 bis 1945 abgehaltenen Asien-Pazifik-Krieges zwischen China und Japan, an dem sich auch die USA, Großbritannien, die Niederlande, Australien, Neuseeland und die Sowjetunion beteiligten, hat das japanische Militär mehr als 200.000 Frauen und Mädchen im Alter von 11 bis 29 Jahren zur Prostitution gezwungen.
Die sogenannten "Trostfrauen" sollten den Soldaten und Offizieren in eigens dafür vorgesehenen Häusern in den Besatzungszonen "Trost" spenden und wurden täglich von bis zu 50 Männern vergewaltigt. Viele der euphemistisch als "Trostfrauen" bezeichneten Sex-Zwangsarbeiterinnen kamen aus Korea, weitere stammten aus Burma, China, Osttimor, Indonesien, Japan, Malaysia, den Niederlanden, Nordkorea, Papua Neuguinea, Philippinen, Taiwan und Thailand.
Japan hat das Kriegsverbrechen erst 1992 zugegeben, nachdem sich eine der Überlebenden öffentlich zu Wort gemeldet und dadurch eine Debatte über die sexuellen Sklavereien während des Krieges angestoßen hatte. Dennoch wird weiterhin versucht, die öffentliche Bekanntmachung und Verbreitung des Themas zu unterbinden. Zuletzt sorgte dies während der aktuell laufenden "Aichi Triennale 2019" in der japanischen Stadt Nagoya für Kontroverse: Eine Arbeit aus der Ausstellung "After 'Freedom of Expression'", die sich mit den "Trostfrauen" auseinandersetzt, wurde am 6. August aufgrund von Drohungen entfernt.
Ausstellung der "Aichi Triennale" zensiert
Bei der entfernten Arbeit handelt es sich um eine Plastik des koreanischen Künstlerpaars Eun-Sung Kim und Seo-Kyung Kim, die als "Statue für den Frieden" an die über 200.000 sexuell versklavten "Trostfrauen" erinnern soll. Die Skulptur aus Hartplastik zeigt eine sitzende junge Frau in schwarzem Rock und beiger Bluse, deren Hände auf dem Schoß ruhen und die einen kleinen Vogel auf ihrer linken Schulter trägt. Erstmals platzierten Seo-Kyung Kim und Eun-Sung Kim eine bronzene Version der "Friedensstatue" am 14. Dezember 2011 vor der Japanischen Botschaft in Seoul.
Die Zensur der Ausstellung "After 'Freedom of Expression'" der "Aichi Triennale", wurde von vielen Beteiligten als Schritt gegen die öffentliche Meinungsäußerung gewertet. Das Organisationsteam der Triennale begründete seine Entscheidung mit der Sorge um einen terroristischen Akt, da erst vor kurzem ein Animationsstudio in Kyoto in Brand gesetzt wurde, wobei mehrere Menschen ums Leben kamen. Einige beteiligte Künstler der "Aichi Triennale", darunter der Schweizer Konzeptkünstler Ugo Rondinone, bekundeten eine Woche später in einem offenen Brief vom 12. August, dass sie ihre Arbeiten aufgrund der Zensur des "Trostfrauen"-Mahnmals nicht mehr in der Ausstellung zeigen möchten.
Insgesamt fertigte das Künstlerpaar Eun-Sung Kim und Seo-Kyung Kim fünf "Friedensstatuen" aus Hartplastik. Die "Friedensstatue" aus der zensierten Ausstellung wurde von dem spanischen Geschäftsmann Tatxo Benet erworben. Eine weitere wird aktuell in der Gruppenausstellung "Toys Are Us" in der Berliner Galerie Gedok gezeigt.
Konkret handelt es sich bei ihr um die "Friedensstatue auf Reisen" mit dem Namen "Yong-I, die Mutige", die mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Bochum, über Dortmund, nach Berlin gereist ist, um so auf die Thematik der Sex-Zwangsarbeit aufmerksam zu machen und ein Zeichen gegen das kollektive Vergessen und Verdrängen des Kriegsverbrechens zu setzen. Am 14. August war sie zudem Teil der vom Korea Verband organisierten "Mahnwache zum 7. Internationalen Gedenktag für die 'Trostfrauen'" vor dem Brandenburger Tor.
Kriegsverbrechen nicht verschweigen
Nataly Jung-hwa Han, die Vorsitzende des Korea Verbandes, erklärte in der Pressemitteilung vom 12. August die Relevanz der Aufarbeitung des Themas der Sex-Zwangsarbeit: "Das Thema ‘Trostfrauen’ betrifft nicht nur Korea, sondern auch ganze weitere 14 Länder im gesamten Asien-Pazifik-Raum, in denen die japanische Armee Frauen und Mädchen zur sexuellen Sklaverei zwang."
Sie betonte darüber hinaus, dass es sich um ein strukturelles Verbrechen handelt, dass nicht nur Japan betrifft: "Wie die Sex-Zwangsarbeit in KZ unter dem NS-Regime und Vergewaltigungen deutscher Frauen nach Kriegsende durch die amerikanischen, englischen, französischen und sowjetischen Armeen zeigen, handelt es sich um Struktur und Ideologie, die in Kriegszeiten die Menschenrechte der Frauen rauben."
Gleichermaßen problematisierte Seong-hui Oh, die Generalsekretärin des "Korean Council for Justice and Remembrance for the Issues of Military Sexual Slavery by Japan", dass sich Japan nie offiziell für das Kriegsverbrechen entschuldigt habe: "Die diplomatischen Worte mögen dezent klingen, aber sie beinhalten abscheuliche Intentionen. Niemand sollte die ehemaligen 'Trostfrauen' von ihrem Recht berauben, auszusagen. Es ist eine schamlose Tat, die Verantwortung für das Kriegsverbrechen zu verneinen."
Die "Friedensstatue auf Reisen" von Eun-Sung Kim und Seo-Kyung ist noch bis zum 25. August in der Galerie Gedok zu sehen. Weitere künstlerische Positionen der Gruppenausstellung "Toys Are Us" sind Mica Bara, Heike Franziska Bartsch, Frauke Beeck, Jeanne Fredac, Laura Kärki, Mi Ran Kim, Regina Mielich, Nur Özalp, Gertraude Pohl und Iris Weirich.