Ausstellung "Dress Code" in Bonn

Der standardisierte Mann als modisches Desaster

Christian Dior / Maria Grazia Chiuri "T-shirt, Spring/Summer 2017"
Foto: Takashi Hatakeyama / The Kyoto Costume Institute / Christian Dior

Christian Dior / Maria Grazia Chiuri "T-shirt, Spring/Summer 2017"

Die Ausstellung "Dresscode" in Bonn zeigt Mode als Geisterbahnfahrt zwischen Markenfetisch und Subkultur. Die These der Schau: Hinter jeder Selbstinszenierung durch Kleidung liegt die Sehnsucht nach Anerkennung

Spätestens seit den Nullerjahren gilt japanische Street-Fashion als Systemsprenger: Eigenwillige Youngsters etablierten in den Vororten von Tokio eine humorvolle Mischung aus selbst genähter Fantasiekleidung und inzwischen klassischer Mode-Exzentrik à la Vivienne Westwood oder Jean Paul Gaultier. Von futuristisch bis kindlich-verspielt reicht bis heute die Skala der Kostümierungen wider die streng reglementierte Gesellschaft der Eltern. Dieser Kontrast-Dramaturgie gehorcht auch die Ausstellung "Dress Code. Das Spiel mit der Mode", die vom National Museum of Modern Art in Kyoto kommt. Sie zeigt die globale Modeproduktion der letzten Jahrzehnte als Geisterbahnfahrt zwischen Markenbeschwörung und den eklektischen Beiträgen jugendlicher Subkulturen, die etwa eine Rei Kawakubo aufgreift, wenn sie einen Kimono-Schnitt mit Manga-Motiven kombiniert.

Überwältigend ihr Rückgriff auf die Malerei des Manieristen Giuseppe Arcimboldo: dreidimensional bewegte Gemüse-Menschen auf Kleidern und Mänteln als mobile Kunstspektakel. Weniger überzeugend gerät die Fetischisierung einer Mona Lisa, die Jeff Koons im Auftrag von Louis Vuitton auf die Taschen des Designers gedruckt hat. Die etwas aseptische Ausstellungsarchitektur möchte dem Fashion-Universum keine Konkurrenz machen, das ist gut. Denn zu viele bildstarke Entwürfe ringen in einem Meer von Modellen um die Aufmerksamkeit.

Die These der Schau: Hinter jeder Selbstdarstellung steckt die Sehnsucht nach Interaktion, das unbedingte Streben, im Wettbewerb der längst fluiden Kleiderordnungen zu bestehen. Auch wenn dieses schlichte Konzept oft zerfasert, lohnt der Ritt entlang der Semantik der verhüllten Körper schon wegen der Begegnungen zwischen Kunst und Mode. Zum Beispiel wenn der Konzeptkünstler Hans Eijkelboom in seiner dokumentarischen Straßenfotografie der bekenntnishaften Konformität von männlichen Passanten nachspürt. Sogleich muss man bei der Kombination aus Jeans und Rolling-Stones-T-Shirts an die seriellen Fachwerkhäuser der Bechers denken – der standardisierte Mann als modisches Desaster.