Als die "Black Lives Matter"- Proteste im vergangenen Jahr nach Europa schwappten, hörte man oft die Mahnung, der Diskurs sei zu USA-zentriert und der Kontext zu unscharf. Wer nun sehen möchte, wie man das globale Thema Kampf gegen Rassismus präzise auf einen Ort zuschneidet und dann wieder öffnet, sollte sich in die Dresdner Kunsthalle im Lipsiusbau begeben. Dort setzt die Ausstellung "1 Million Rosen für Angela Davis" bei einem spezifischen Ereignis an, das jedoch transatlantisch und vielstimmig in gegenwärtigen Diskursen aufgeht. Die Gruppenschau musste bereits drei Wochen nach ihrer Öffnung im vergangenen Herbst wieder schließen und ist ab Freitag, 26. März, wieder mit Zeitfensterticket zu sehen.
Von 1970 bis 1972 flatterte der wegen des Vorwurfs der Terrorismus-Unterstützung inhaftierten Black-Power-Aktivistin Angela Davis ein Solidaritätsschwarm in Form von Rosen-Postkarten aus der DDR in die Zelle. Die staatlich organisierte Kampagne für Davis’ Freilassung sollte ein florales Bekenntnis zum Antirassismus und zum "anderen Amerika" jenseits des kapitalistischen Imperialismus sein. Nach ihrem Freispruch 1972 besuchte Angela Davis Ost-Berlin als verehrter Staatsgast.
Ein Teil der Postkarten blüht nun in der Dresdner Ausstellung, doch das eigentliche Thema ist die Bildwerdung und Vereinnahmung der Figur Angela Davis. Die Philosophin und Aktivistin wurde auf Fahndungsfotos des FBI omnipräsent und damit gewissermaßen ikonisch. Ostdeutsche Maler wie Willi Sitte, Christoph Wetzel und Bernhard Franke verewigten sie in den 1970er-Jahren als Amazone, Madonna und geistige Führerin auf Leinwand.
Alles kulminiert bei Arthur Jafa
Die zeitgenössischeren Positionen der Schau interessieren sich dann folgerichtig mehr für die Rezeption des Phänomens als für die historische Person. So zeigt Coco Fusco in einer fiktiven Dokumentation, wie die Fahndung nach Davis dazu führte, dass reihenweise schwarze Frauen mit Afro festgenommen und damit visuelle Stereotypen konstruiert wurden.
Die Schau bringt die Ästhetik der Überwachung mit Bildern der Ermächtigung zusammen, und alles scheint in Arthur Jafas Videocollage "Love Is The Message, The Message Is Death" zu kulminieren. Der jahrhundertealte Kampf schwarzer Menschen um Gleichberechtigung – oder auch nur um ihr Leben – hallt in jedem seiner Bilder nach. Und dann sind da noch die Gedichte von Raja Lubinetzki, die ihre Erfahrungen als Afrodeutsche in der DDR beschreibt. Trotz anders lautender Staatsräson sind diese Erfahrungen von Rassismus getränkt. Und so laufen die globalen und die lokalen Themen in Dresden wieder zusammen.