Eigentlich ist das ja alles längst gesagt: dass die Eskalation von Donald Trump in den USA und die Debatten zum Brexit in Großbritiannien oder das Ibiza-Video in Österreich mehr Performance-Kunst als Politik sind. Aber dass sich die Öffentlichkeit über einen schwarzen Filzstiftkringel auf einer Karte empört, ist dann doch ungewöhnlich - zumindest wenn der Kringel nicht von jemandem sehr Berühmtes stammt. Der Cy-Twombly-hafte Schlenker sorgt gerade in den USA für Aufregung, weil er offenbar daher rührt, dass der US-Präsident Journalisten eine manipulierte Hurrikan-Karte gezeigt hat.
Am vergangenen Sonntag hatte Trump getwittert, dass der Hurrikan "Dorian", der auf den Bahamas bereits schwere Verwüstungen angerichtet hat, nun auch die US-Bundesstaaten Florida, North und South Carolina, Georgie und Alabama bedrohe. Allerdings widersprach der Wetterdienst des letztgenannten Staats sofort: Alabama werde keine Auswirkungen von "Dorian" spüren.
Als sich manche US-Medien an der Alabama-Verwirrung erfreuten, legte Trump am Montag nach und bezeichnete die Berichte über seine angebliche Falschaussage als künstlich aufgeregt und unwahr. Der Präsident wollte den Spott offenbar so nicht auf sich sitzen lassen: Bei einem Hurrikan-Briefing in seinem Büro im Weißen Haus, präsentierte er am Mittwoch eine offizielle Karte des Hurrikan-Verlaufs – und irgendjemand hatte offenbar mit einem schwarzen Filzstift das Gebiet der möglichen Sturm-Ausbreitung vergrößert, damit auch noch Alabama berührt wurde. Fake News mit dem Filzstift?
Darauf angesprochen versicherte Trump, er wisse nicht, wer die Karte verändert habe. Aber der Zwischenfall lässt sich bei aller Empörung und der realen Gefahr, die noch immer von "Dorian" ausgeht, auch als unfreiwilliger Kunstmoment sehen. Eine Zeichnung, die den Lauf der Welt verändern will.